Erfolglos – aber aus Tradition!

Partick Thistle Football Club

Der Partick Thistle FC, der trotz seines Namens zuletzt 1908 in Partick, einem Stadtteil von Glasgow, gespielt hat, zählt zu den ältesten Fussballvereinen der britischen Inseln und infolgedessen der ganzen Welt.

Die „Jags“, beheimatet im Stadtteil Maryhill, können stolz behaupten, in einem Jahr gegründet worden zu sein, in dem Emil Welti zum dritten Mal Schweizer Bundespräsident wurde, und die Sioux- und Cheyenne-Indianer unter Sitting Bull und Crazy Horse die US-amerikanische Kavallerie bei der Schlacht am Little Big Horn zum letzten Mal besiegen konnten. Damals, man schrieb 1876, musste man in Österreich noch ganze 18 Jahre auf die Gründung des ersten Vereines, der Vienna, warten. Es ist, kurz gesagt, „a Zeitl her“. In den 139 Jahren der Vereinsgeschichte tat man vieles, nur eines sehr selten: Titel gewinnen. Landesweit stehen bloß der Scottish Cup 1920/21 und der Scottish League Cup 1970/71 zu Buche, dazu konnte man immerhin noch sieben Mal den Glasgow Cup gewinnen. Öfter als mit Siegesfeiern waren die Jags offensichtlich damit beschäftigt, um den Klassenerhalt/Aufstieg zu kämpfen. 1897 konnte man erstmals in die oberste Liga aufsteigen, damit war man also dem SK Sturm um stolze 52 Jahre voraus.

Stilgerecht stieg Partick Thistle 1898 sofort wieder ab, nur um 1900 in die damalige First Division zurückzukehren. Diese Wankelmütigkeit bezüglich der Ligazugehörigkeit ist etwas, das man sich in Glasgow behalten hat. Die Jags geben sich also nicht wie die Schwoazen mit der immergleichen Liga zufrieden, sie wollen gegen verschiedene Gegner spielen und stiegen zu diesem Zweck 1998 sogar in die dritte Leistungsstufe ab. Zugegeben, es könnte auch an den immensen finanziellen Schwierigkeiten gelegen haben, die den Verein zu dieser Zeit plagten. Die Fans initiierten die Kampagne „Save the Jags“, ohne dieser hätte Partick Thistle 1997/98 ziemlich sicher in Konkurs gehen müssen. Auch diese Situation ist unsereins bekanntlich nicht fremd. Nachdem die Finanzen wieder in Ordnung kamen, erfolgte auch die Rückkehr ins Oberhaus für den Verein überraschend schnell, nach dem erwartbaren Meistertitel in der Second Division 2001 konnte man sensationell 2002 auch die First Division für sich entscheiden und somit 2002/03 wieder in der Premier League antreten – und nicht absteigen. 2003/04 kam dann der Abstieg, und erst seit 2013/14 ist Partick Thistle wieder in der Premiership zugegen, in der man letzte Saison immerhin den achten Platz erreichen konnte.

Seit 1909 spielen die Jags im Firhill Stadium im Glasgower Stadtteil Maryhill. Zeitweise wurde das Stadion auch für Rugbyspiele verwendet, so war es auch ein Austragungsort der Rugby-WM 2000 in Schottland. Das „Firhill“ ist, wie in Großbritannien in den oberen Ligen üblich, ein reines Sitzplatzstadion mit derzeit ca. 10.100 Plätzen auf drei Tribünen, es existieren allerdings Pläne für eine kleine vierte Tribüne die die Lücke im Süden schließen würde. Die Kapazität ist also eher mit der Gruabn als mit dem Stadion in Liebenau vergleichbar, woran auch deutlich erkennbar wird, dass Partick Thistle in der Gunst der Glasgower Zuschauer deutlich hinter Celtic und den Rangers zurückbleibt.

Das Vereinswappen ist – passend zu dieser Website – in schwarz und weiß gehalten, im Zentrum steht keine Fahne sondern ein Distel, die durch das Thistle im Vereinsnamen erklärt wird. Wer jetzt aber gedacht hätte, dass die Jags auch ihre Heimspiele in der schönstmöglichen aller Farbkombinationen absolvieren, der liegt entweder falsch oder ist katalanischer Nationalist mit einer Vorliebe für Schwarz. Seit 1936 spielt der Verein meist in Gelb-Rot-Schwarz, da man sich Trikots von einem lokalen Rugbyteam ausleihen musste, das ebendiese Farben hatte. Aufsehen erregte Partick Thistle 2008, als man als erstes Team in Schottland mit einem pinken (Auswärts)dress auflief. Hier lässt sich wieder eine Paralelle zu den (offensichtlich doch nicht immer) Schwoazen ziehen, da die meines Wissens die Ersten in der Bundesliga waren, die mit zu Trikots umgenähten Warnwesten aufs Spielfeld gehen und jeden Sinn für Ästhetik beleidigen.

Die Fans des Partick Thistle FC sind gegenwärtig auch im Jags Trust organisiert, der einer der größten Anteilseigner am Verein ist.

Große Namen finden sich unter den Spielern des Partick Thistle FC für einen durchschnittlichen Kenner des schottischen Fußballs eher keine, aber immerhin absolvierte der 73-fache färöische Nationalspieler Jákup Mikkelsen fünf Einsätze für die Jags. Und nein, Mikkelsen war bei der Schande von Landskrona nicht dabei.

Partick Thistle ist also nur der drittbeliebteste Verein in Glasgow. Im Gegensatz zu den protestantischen Rangers und dem katholischen Celtic gelten die Jags allgemein als neutral bis atheistisch, wie auch der Historiker Niall Ferguson bestätigt: „they were the atheists' team. You couldn't believe in God and support Partick Thistle”.  Nun könnte man einwerfen, dass Glasgow groß genug ist, damit es selbst der drittgrößte Verein mit dem SK Sturm aufnehmen kann. Aber ist das auch wahr? Der Zuschauerschnitt des SK Sturm im letzten Jahr war mit 10.139 sehr vorzeigbar. Ins Mirhill Stadium strömten dagegen durchschnittlich bloß 3.586 Zuschauer, und der unbestechliche Facebook-Like-Vergleich zeigt, dass der SK Sturm (93.920, Stand 17.6) auch beim Internetaffinen Publikum deutlich mehr reüssieren kann als Partick Thistle (6.819).

Resümee: Der Partick Thistle FC zählt zu den absoluten Traditionsvereinen in Schottland. Wie Sturm in Österreich, nur noch ärger. Auf nationaler Ebene benötigt man durchschnittlich 69,5 Jahre pro Titel. Zum Glück nicht wie Sturm. In der Stadt ist man nur dritte Wahl. Nicht wie Sturm. Dafür kann man mit der U-Bahn zumindest in die Nähe des Stadions fahren. Auch nicht wie Sturm.

Kurz gesagt: Der Partick Thistle FC ist wohl nur dann einen Besuch wert, wenn man übers Wochenende in Glasgow ist, und Celtic und die Rangers auswärts spielen. Zwar ist es ein absoluter Traditionsverein, doch hilft dies allein halt auch nicht über spielerisches Mittelmaß und ein meist sehr schütter gefülltes Stadion hinweg. Alles in allem eher kein taugliches Zweitsturm.

Schöntrinken funktioniert übrigens auch nicht, da in schottischen Stadien striktes Alkoholverbot herrscht.

Und das neue, "schöne" Maskottchen, kann uns auch nicht wirklich umstimmen:

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4 Kommentare

  1. sks1909 sagt:

    Möchte Euch auf einen Fehler im Artikel aufmerksam machen – die Rangers sind protestantisch und Celtic die Katholiken, im Text wurde dies verdreht! swg

  2. Lupo sagt:

    Danke Christoph für den tollen Bericht; es ist immer wieder faszinierend solche Artikel zu lesen.

  3. Neukirchner sagt:

    Sehr schön!!

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