Ein bisschen heile Welt
Ein kleiner Erfolgslauf, der viel geschätzte Günter Kreissl nimmt seine Arbeit auf, die Nord präsentiert sich wieder in voller Lautstärke und Besinnung in schwarz-weiß scheint Einzug zu halten. Eine heile Welt? Ein bisschen. Vorerst.
Drei Siege und ein Remis in den letzten fünf Spielen. Obwohl der erneut sehr schwache Auftritt gegen Ried etwas zu denken gab, kann sich die jüngst gestartete Miniserie dennoch sehen lassen. Zumindest wenn man die obligatorische Niederlage in Wien geschickt verdrängt. Zwei Heimsiege en suit haben sogar die ansonsten schwer zu animierenden Längsseitenbesucher zu vereinzelten Gesängen hinreißen lassen, die erwartungsgemäß mit der Rückkehr des organisierten Supports wieder verstummten. Warum das so ist, wird zum Teil ein Rätsel bleiben. Wohl ist die vorübergehende Stimmungsmache größtenteils als Ausdruck der Aversion gegenüber dem Boykott der Nord zu verstehen. Nicht wirklich nachvollziehbar, aber jedem das Seine. Vertreter der Fanclubs sprechen indes davon, dass man alles erreicht habe, was man bezwecken wollte: Der längst überfällige Sportdirektor wurde bekanntlich installiert, zudem sei ein Ruck durch den gesamten Verein gegangen. Auch wenn sich beides nicht leugnen lässt, war die Aufhebung des Boykotts vor allem eine strategisch notwendige Maßnahme.
Denn was als dezente Unmutsäußerung mit der einen oder anderen Forderung begann, drohte jüngst regelrecht aus dem Ruder zu laufen. Vielerorts wurde eine zum Teil auch sehr polemische Stimmungsmache gegen die verantwortlichen Fanclubs praktiziert, eine pauschale Herabwürdigung der knapp 3000 KurvenbesucherInnen inklusive. Man mag es kaum für möglich halten, aber nach wie vor trifft man sogar mit solch einer Schmiererei auch auf offene Ohren. Die eigentlichen Themen wurden dabei, was wiederum weniger überraschend kommt, gänzlich ignoriert. Die steirischen Leitmedien halten Kritik gegenüber bestimmten Personen noch immer von selbigen fern, da schien die Verunglimpfung der organisierten Fans gerade recht zu kommen. Es ist zugegeben schon etwas müßig, diesen Punkt immer wieder anführen zu müssen. Aber auch notwendig. Die Entscheidung der Fanclubs, den Support wieder aufzunehmen, um einen Machtkampf nicht ausarten zu lassen, ist jedenfalls zu begrüßen, obwohl so manch kritischer Beobachter dadurch auch enttäuscht wurde. Immerhin geben die Fanclubs aber seit jeher zu verstehen, stets zum Wohle des Vereins zu agieren. Das wird auch zurecht regelmäßig, wie zuletzt geschehen, von den Vereinsverantwortlichen ebenso gefordert wie das Hintenanstellen persönlicher Eitelkeiten. Ein allgemeines Umdenken ist von Letzteren allerdings dennoch nicht zu erwarten. Vielmehr ruht auch diesbezüglich sehr viel Hoffnung auf Günter Kreissl.
Einzig und allein dem sympathischen Wiener ist es auch zu verdanken, dass man die Wogen vorerst glätten konnte. Dieser habe sich dem Vernehmen nach den Kritikpunkten im Gespräch mit den Fanclubs auch angenommen. Kreissl genießt in Graz ein hohes Ansehen, was in Anbetracht des – Gott sei Dank – fehlenden Stallgeruchs fast schon einer Überraschung gleichkommt. Mit Franco Foda strebt der neue Geschäftsführer Sport naturgemäß ein harmonisches Verhältnis an. Dabei scheinen jedoch Reibungspunkte vorprogrammiert. Dem Chefcoach wird nämlich häufig unterstellt, sich nur ungern einem Vorgesetzten zu beugen. Zumindest ist er bei Sturm auch nicht viel Anderes gewohnt. Foda gelegentlich einen Riegel vorzuschieben, wird jedoch eine der zentralen Aufgaben des Sportdirektors sein. Von Vertragsabschlüssen vor allem nach dem Meistertitel, für die der Deutsche ebenso verantwortlich zeichnet, leidet Sturm zum Teil sogar heute noch. Man wäre gut beraten, derartiges zukünftig zu unterbinden. Gerhard Goldbrich ließ nämlich unlängst durchsickern, dass Foda zuletzt wieder den Trainer und Sportdirektor in Personalunion mimte. Günter Kreissl entfacht die Hoffnung also auf ein Neues, mit dem immer wieder stark kritisierten Machtverhältnissen – mitunter auch ein Grund, warum man sich einst von Foda trennte – zu brechen sowie den Umgang mit Medien endlich professionell zu gestalten. Vorausgesetzt natürlich, wenn man das Kreissl auch lässt. Dann klappt’s womöglich sogar wieder zumindest etwas besser mit dem Trainer. Lässt man ihn hingegen nicht, wird die Stimmung wohl schneller kippen als je zuvor. Im Falle eines Zerwürfnisses wäre der mediale Beistand, der lediglich einzelnen Personen gilt, ebenso zu erwarten und eine totale Spaltung wohl endgültig unausweichlich. Wie sehr Seilschaften zwar manchen Personen den Rücken stärken, dem Verein insgesamt allerdings schaden, wird in einem solchen Szenario deutlich. Ebenso die Tatsache, dass Sturm nach Jahren des Stillstands wieder erst am Anfang steht. Sturm bleibt also zunächst ein fragiles Gebilde. Für den Moment jedoch in einer halbwegs heilen Welt, die es zu festigen gilt. Viel Arbeit wartet also auf Günter Kreissl.
Zum Schluss noch etwas in eigener Sache. Jüngste Entwicklungen in der Gesprächsbasis zwischen dem Verein und SturmNetz lassen auch hier vorsichtig auf eine Besserung hoffen. Ob und inwiefern sich im Umgang mit uns tatsächlich etwas ändert, wird sich aber erst noch weisen.
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