Ehmann: „…das ist das Einzige im Leben, wo ich schwarz bin und auch bleiben werde!“
Die „Stille Zeit“ ist nur anderswo wirklich still. SturmNetz.at geht im Advent in die Vollen! Wir lassen bis zum Heiligen Abend 24 Prominente zu Wort kommen und sprechen mit ihnen über Sturm, Fußball, Gott und die Welt. Der ehemalige Nationalratsabgeordnete und aktuelle Klubobmann und Gemeinderat der SPÖ, Michael Ehmann fühlt sich schon seit seiner Kindheit zum Sportklub Sturm Graz hingezogen.
Michael, gleich zum Einstieg: Warum bist du Sturmfan geworden und war der GAK für dich nie ein Thema?
Das ist sehr leicht zu beantworten, also mein Vater hat mich schon als kleinen Buben in die Gruabn mitgenommen und das war damals eine unglaublich besondere Stimmung. Außerdem habe ich aufgrund meines Papas eine besondere Verbindung zum ESK gehabt und es gab auch eine Kooperation mit Sturm, die die Verbindung nochmals gestärkt hat. Sturm war immer schon der Klub zu dem ich mich mehr hingezogen gefühlt habe, auch durch meine Position als Arbeiter habe ich eher dazu tendiert. Das ist ja ganz ähnlich wie die Situation in Wien, mit Rapid und der Austria, auch hier steht Rapid ja eher für den Arbeiterverein. Sturm hat mich ganz einfach von Anfang an verzaubert und dabei bin ich auch geblieben, denn Farben wechselt man nicht.
Ist es denn überhaupt vereinbar, als Roter ein Schwarzer zu sein?
(Lacht) Das ist sehr lustig, denn diese Frage bekomme ich sehr oft gestellt. Hier sage ich immer, das ist das Einzige im Leben, wo ich schwarz bin und auch bleiben werde!
Wie war die Fansituation generell in deiner Familie?
Der überwiegende Teil war schwarz und weiß, wobei ich aber trotzdem sagen muss, dass ich beide Klubs schätze. Es ist ungemein schade, dass es die Derbys nicht mehr gibt und auch diese sportliche Rivalität fehlt. Außerdem war es schon immer sehr lustig, ein wenig zu sticheln nach einem gewonnenen Spiel gegen den GAK.
Ich kann mich noch an meine Schulzeit erinnern und wenn Sturm hier ein Derby verloren hat, stand in den nächsten Tag keine angenehme Zeit bevor, man denke nur an die 0-4 Niederlage.
Ja, an die kann ich mich auch noch sehr genau erinnern und natürlich an das legendäre Interview von Günter Neukirchner, das war schon super. Wie gesagt, die Derbyzeit vermisse ich.
Aber aufgrund der Ligareform, werden wir vielleicht zukünftig schon eher ein Derby sehen.
Es ist nicht so, dass ich es ihnen nicht wünsche, aber es wird mit Sicherheit sehr schwierig.
Michael, wann warst du das erste Mal in der Gruabn?
Das ist schwer zu sagen, es war eben in sehr jungen Jahren, als mich mein Vater immer mitgenommen hat. Daran kann ich mich aber nur mehr sehr dunkel erinnern. Wirklich im Gedächtnis habe ich die Zeit, als ich ein Jugendlicher war.
Gab es so etwas wie ein einprägsames Erlebnis für dich in der Gruabn?
Ja, da gab es sehr viele, besonders im Gedächtnis geblieben sind mir die Anfangszeiten des magischen Dreiecks mit Ivica Osim als Trainer. Natürlich auch der Transfer von Giuseppe Giannini, der unglaublich war. Ich erinnere mich auch an ein Spiel gegen Rapid, als Didi Kühbauer sehr provokativ agiert hat. Beispielsweise hat er bei Eckbällen immer wieder abfällige Gesten gegenüber den Fans gemacht und diese bedankten sich bei ihm mit einigen Bierduschen (lacht). Gehört sich zwar nicht, aber naja.
Würdest du sagen, dass so etwas zum Fußball dazu gehört?
Nein, also aus heutiger Sicht ist das natürlich nicht mehr vertretbar und hat im Fußball auch nichts verloren. Aber damals als Jugendlicher hat man gedacht, das geschieht ihm Recht, wenn er sich so verhält. Da war man schon sehr belustigt darüber und es waren ja auch nur Pappbecher und keine Flaschen, Gott sei Dank ist da niemandem etwas passiert. Die Grundstimmung passt schon, denn es soll ja ein Fanmotor dahinter sein, der die Mannschaft antreibt, aber jegliche Form von Gewalt hat im Stadion nichts verloren.
Wie stehst du zu diesem Wandel der letzten Jahre und dem modernen Fußball?
Nicht zwingend negativ, es ist halt anders als früher. Wenn ich mir beispielsweise Cupspiele auf ORF Sport+ anschaue, dann ist das nicht mehr vergleichbar. Damals attackierte bis zur Mittellinie selten jemand und der ein oder andere hat auch hin und wieder ein bisschen ein „Baucherl“ gehabt. Heutzutage sind das alles Vollathleten und es ist unglaublich, wie schnell das Spiel geworden ist. Mittlerweile gibt es in der eigenen Hälfte nicht einmal mehr Zeit, den Ball anzunehmen.
Gab es für dich eine Zeit, in der die Beziehung zu Sturm Risse bekommen hat? Und ist es überhaupt mit deinem Beruf vereinbar, so oft ins Stadion zu gehen?
Also derzeit, ist es schon sehr schwierig und in dieser Saison habe ich es leider noch nicht geschafft, ein Spiel zu besuchen. Letzte Saison war ich ein paar Mal im Stadion. Es ist wirklich nicht einfach, die Arbeit und die Familie zu vereinen und da geht natürlich dann die Familie vor. Aber über diverse Medien verfolge ich natürlich jedes Spiel und bin da immer sehr gut informiert. Zukünftig werde ich aber mit Sicherheit wieder die eine oder andere Partie im 13er Sektor verfolgen.
Also ist das dein Stammsektor sozusagen?
Ja, das ist für mich schon eine sehr besondere Stimmung. Ich bin ja schon etwas älter und habe es deshalb gerne ein wenig ruhiger, aber die Choreografien, muss ich ehrlich sagen, gefallen mir wirklich sehr gut. Das ist wirklich ungemein kreativ und sehr druckvoll, würde ich sagen, auch von anderen Klubs.
Wir haben schon ein wenig über andere Vereine geplaudert, existiert da für dich auch eine zweite große Liebe?
Also mein Hauptaugenmerk liegt natürlich immer auf Sturm, aber wer mir vor allem von der Ideen und Wertehaltung her sehr gut gefällt, ist der FC St. Pauli. Das ist ein Kultklub und ich war jetzt auch dienstlich in Hamburg und das Flair, welches dieser Verein in der Stadt versprüht, gefällt mir schon sehr gut. Also in Zukunft möchte ich unbedingt ein Spiel am Millerntor besuchen.
Wir haben schon sehr viel über Stadien gesprochen und müssen jetzt zu einem etwas unangenehmeren Thema dahingehend kommen: Vor einigen Jahren wurde mit der Politik eine Vereinbarung getroffen, das Stadion zu renovieren. Diese Maßnahmen laufen eher schleppend. Hast du als Sturmfan Angst, dass Städte wie Linz und Wien uns davonziehen?
Also als diese Vereinbarung beschlossen wurde, war ich noch nicht dabei. Da habe ich noch in Wien gearbeitet. Aber klar, dieses Thema ist ein sehr großes und komplexes. Ein Problem ist auch die Parkplatzsituation, denn auch für Anrainer ist es sehr nervenaufreibend, wenn an jedem Spieltag die Straßen gesperrt sind. Auch eine Neukonzeption des Stadionvorplatzes ist dringend notwendig, auch, um die Fans besser koordinieren zu können.
Wäre ein neues Stadion auch ein Thema?
Also ich selbst wünsche mir natürlich auch vieles, man muss dann aber einfach realistisch sehen, was im Bereich des Möglichen liegt. Es ist beispielsweise ja auch so, dass das Stadion auf mehreren Ebenen genutzt wird und nicht nur ein reines Fußballstadion ist, wenn ich an die Eröffnungsfeier der Special Olympics oder andere Dinge denke.
Es ist halt als Sturmfan sehr schwer nachvollziehbar, wenn man sieht, dass Wien sich sogar zwei Stadien leisten kann, die Stadt Linz vor kurzem die Gugl renoviert hat und jetzt noch zusätzlich ein zweites Stadion plant. In Graz hat man das Gefühl, es passiert eher wenig.
Es wurden ja schon einige dringend notwendige Maßnahmen getroffen, an denen sich die Stadt beteiligt hat. Sei es ein neuer Rasen oder das Flutlicht, aber klarerweise ist da noch einiges ausständig. Vielleicht sollte man in Zukunft generell darüber nachdenken, das Ganze nicht nur den Vereinen zu überlassen, sondern als Stadt selbst diese Spielstätten mehr zu fördern. Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir neuen Ideen und neuen Konzepten sehr positiv gegenüber stehen.
Um zu einem etwas erfreulicheren Thema zu kommen: Was waren deine persönlichen Highlights in Schwarz und Weiß?
Also ganz klar die Derbys und vor allem das Diskutieren mit den Arbeitskollegen geht mir sehr ab, also das war schon eine großartige Geschichte. Aber ansonsten natürlich diese Grundrivalität mit Wien, die immer sehr spannend war und noch immer ist.
Hast du ein Lieblingsderby oder so etwas Ähnliches?
Ja, also das war, wenn ich mich richtig erinnere, das erste im neuen Stadion in Liebenau. In der Saison, als Sturm die gesamte Liga dominiert hat. Es war das 4-0, als Ivica Vastic diese beiden Traumtore geschossen hat. Das war ehrlich gesagt einfach nur toll, vor allem, weil der GAK das Heimrecht hatte.
Wie ist es dir generell mit dem Umstieg von der Gruabn zum Liebenauer Stadion gegangen?
Ja, auch eine sehr spannende Frage, es ist natürlich sehr nostalgisch. Ich finde auch das Projekt zur Erhaltung der Gruabntribüne super und bin sehr froh, dass sich einige Fans diesem annehmen, denn das ist auch ein Stück weit Grazer Geschichte. Bei aller Nostalgie muss ich dennoch sagen, dass die Stimmung in Liebenau, in diesem Rondeau, besonders beeindruckend ist. Ich finde die Weiterentwicklung war schon notwendig und stehe dieser auch positiv gegenüber.
Hast du eigentlich selbst auch einmal die Fußballschuhe geschnürt, nachdem du eingangs kurz den ESK erwähnt hast?
Ja, das ist auch sehr lustig. Tatsächlich für eine kurze Zeit, aber da Laufen nie meine Stärke war, habe ich mich dazu entschlossen, aufzuhören und zum Eishockey zu wechseln. Ich war ganz kurz beim ASV Puch, den es heutzutage in dieser Form ja nicht mehr gibt. Dort haben wir unsere Spiele bei den Puch-Baracken ausgetragen, aber ich war nur maximal zwei bis drei Jahre dort.
Dann kommen wir schon zu unserer Abschlussfrage: Was wünscht du dem SK Sturm für die Zukunft?
Mich würde es freuen, wenn wir nicht nur immer Herbstmeister werden, sondern vielleicht auch einmal wieder den Titel nach Graz holen. Mit Heiko Vogel hat Sturm einen Mann verpflichtet, der für Qualität steht und schon große Erfolge gefeiert hat.
Wir danken Michael Ehmann für das Interview und wünschen noch eine schöne Adventzeit!
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