Die Wiegen der Sterne

Ein Ranking der besten österreichischen Ausbildungsvereine

Ist es für den Sturm-Nachwuchs tatsächlich so schwierig, sich zu etablieren? Gibt man bei anderen Bundesligisten dem eigenen Nachwuchs mehr Chancen? Die Diskussion darüber ist intensiv und es gibt auch das eine oder andere konkrete Beispiel, an dem sich die Gemüter erhitzen. SturmNetz hat versucht, sich dem Thema anhand von nackten Fakten zu nähern. Anhand solcher lässt es sich einfach besser diskutieren. Herausgekommen ist eine Art Ranking der erfolgreichsten Fußball-Nachwuchsschmieden im Land der Ski-Weltmeister.

Gleich vorweg: Eine richtig objektive Arbeit kann man dazu nicht abliefern. Zu subjektiv sind die Auswahl der Kriterien oder deren Gewichtung. Bei einigen Spielern ist die Zuordnung zu einem einzigen Ausbildungsverein auch schwierig, weil sie den Klub öfter wechseln als die Freundin. Aber wir sind doch guter Hoffnung, dass unsere Ergebnisse stichhaltiger und fundierter sind als die von Facebook oder Klatschpresse bekannten Rankings der Sorte „Die 10 besten Heustadeln für einen Seitensprung in Sinabelkirchen“.

 

Frage 1: Welcher Verein gibt Eigenbauspielern am meisten Einsatzzeit?

Datenbasis: die ersten 7 Spiele der Bundesliga 2015/16.

  1. Austria Wien   3319 Minuten (7 Spieler)
  2. Mattersburg    3158 Minuten (8 Spieler)
  3. Admira              2036 Minuten (6 Spieler)
  4. Salzburg           1041 Minuten (4 Spieler)
  5. Rapid                   949 Minuten (4 Spieler)
  6. Ried                     867 Minuten (3 Spieler)
  7. Sturm                  794 Minuten (3 Spieler)

 

Frage 2: Bei welchem Verein wurden die meisten Bundesligaspieler und österreichischen Legionäre ausgebildet?

Datenbasis: Aktive Profis in der österreichischen Bundesliga und in ausländischen Profiligen. Reine Kaderfüller ohne reelle Einsatzchancen, Spieler von ausländischen Nachwuchsteams (zB Bayern U19) und Profis in schwachen, exotischen Ligen (zB Albanien oder Armenien) wurden nicht berücksichtigt.

  1. Austria Wien      26
  2. Rapid Wien         26
  3. Salzburg              19
  4. Sturm                   18
  5. Admira                 16
  6. Mattersburg       13
  7. Ried                        9

 

Frage 3: Aus welchem Verein stammen die Legionäre mit dem höchsten Marktwert?

Als Datenbasis gilt der jeweilige historisch höchste Marktwert eines Spielers laut transfermarkt.at. Der mit Abstand wertvollste österreichische Spieler, David Alaba, hat nach unserem Verständnis die Ausbildung bei Bayern München absolviert und wurde demnach nicht Austria Wien zugerechnet. Eine Wertung der wertvollsten Spieler inklusive der Profis aus der heimischen Bundesliga wäre möglich, ist uns aber zu aufwändig. In einer solchen Wertung würde Red Bull Salzburg dank Hinteregger, Lazaro & Co. wahrscheinlich vor Sturm landen.

  1. Austria Wien         20,5 Mio   (6 Spieler; u.a. Dragovic, Lindner, Okotie)
  2. Rapid Wien           19,2 Mio    (8 Spieler; u.a. Kavlak, Ivanschitz, Garics)
  3. Sturm                     15,5 Mio    (5 Spieler; u.a. Jantscher, Pogatetz, Prödl)
  4. Admira                   14,3 Mio   (4 Spieler; u.a. Janko, Sabitzer, Hoffer)
  5. Mattersburg            8,2 Mio   (2 Spieler; Fuchs, Gartner)
  6. Salzburg                   6,5 Mio    (4 Spieler; u.a. Manninger, Ilsanker, Gugganig)
  7. Ried                           1,5 Mio    (2 Spieler; Zulj, Radlinger)

 

Frage 4: Welcher Verein ist das beste Sprungbrett ins Ausland?

Diese Frage passt nicht ganz in die Systematik, da auch Spieler berücksichtigt werden, die den Schwerpunkt ihrer Ausbildung im Ausland erhalten haben. Ein Beispiel dafür ist David Alaba , der bereits mit knapp 16 Jahren von der Austria zu den Bayern gewechselt ist. Auch sind solche Spieler berücksichtigt, die von einem Verein weg ins Ausland wechseln, der sie nicht ausgebildet hat.

Da die Auswertung aber durchaus aufschlussreich ist, wollen wir sie euch nicht vorenthalten.

  1. Rapid Wien       12 Spieler
  2. Austria Wien    11 Spieler
  3. Salzburg            11 Spieler

7. (ua) Sturm          2 Spieler

Sebastian Prödl und Ekrem Dag sind nach unserer Recherche tatsächlich die einzigen aktiven österreichische Legionäre, die von Sturm direkt in eine relevante ausländische Liga gewechselt sind. Der Wechsel von David Schloffer wurde nicht berücksichtigt, weil die 4. deutsche Liga für uns das Kriterium „relevant“ nicht erfüllt. Wolfsberg, der LASK oder Ried schneiden in dieser Wertung interessanterweise besser ab als Sturm. Andersrum bedeutet dies, dass der klassische Karriereweg eines künftigen Legionärs aus dem Sturmnachwuchs zumeist über Rapid, Austria oder eventuell die Bullen führt.

 

Frage 5: Wie viel haben die Vereine mit dem Verkauf von Eigenbauspielern verdient?

Als Datenbasis dienen wiederum 84 Spieler, die bei einem aktuellen Bundesligaverein ausgebildet wurden und nun anderswo als Profis tätig sind. Nur für ganze 24 dieser 84 (29%) Spieler wurden überhaupt Ablösesummen kassiert. Die folgenden Zahlen enthalten keine Daten von eventuellen Weiterverkaufsbeteiligungen oder ähnlichem.

  1. Rapid                    9.600.000
  2. Sturm                   5.610.000
  3. Austria Wien      1.705.000
  4. Mattersburg       1.200.000
  5. Admira                    760.000
  6. Salzburg                              0
  7. Ried                                      0

Da schau einer an, die Nachwucharbeit von Sturm ist dann doch nichts so ganz fruchtlos. Über die tatsächliche Transferbilanz eines Vereins sagen diese Zahlen natürlich nicht sonderlich viel aus. Die meisten Transfers betreffen Spieler, die eben gar nicht im eigenen Verein ausgebildet worden sind.

Die lukrativsten Verkäufe von Sturm betreffen übrigens Sebastian Prödl (2,5 Mio), Christoph Leitgeb (1,7 Mio) und Jakob Jantscher (1,0 Mio).

Jakob Jantscher (CC By Man77 Wikimedia)

Jakob Jantscher (CC By Man77 Wikimedia)

 

Frage 6: Mit welchem Alter wechseln Spieler den Ausbildungsverein?

Diese Frage zielt darauf ab, herauszufinden, wie es um die Chancen eines Talents steht, sich im eigenen Profiteam zu etablieren. Wir vermuten bzw. unterstellen, dass es um diese Chancen nicht sonderlich gut steht, wenn die Spieler früh wechseln. Mitunter spielen auch finanzielle Gründe eine Rolle: Finanzkräftige Vereine können Ausnahmetalente länger halten.

Als Datenbasis wurden wiederum alle aktiven Spieler in der heimischen Bundesliga und Legionäre berücksichtigt, die von einem aktuellen Bundesligaverein ausgebildet wurden.

Das Durchschnittsalter von 84 untersuchten Spielern beim ersten Wechsel beträgt 20,4 Jahre.

  1. Austria Wien    21,0 Jahre
  2. Rapid Wien      20,9 Jahre
  3. Admira              20,7 Jahre
  4. Salzburg           20,0 Jahre
  5. Ried                   19,7 Jahre
  6. Mattersburg    19,7 Jahre
  7. Sturm                19,6 Jahre

 

Zusammenfassung

Unser Gesamtranking der erfolgreichsten Nachwuchsschmieden sieht wie folgt aus:

  1. Austria Wien
  2. Rapid Wien
  3. Red Bull Salzburg
  4. Admira Wacker Mödling
  5. Sturm Graz
  6. SV Mattersburg
  7. SV Ried

Austria Wien findet man in beinahe jeder Kategorie im absoluten Spitzenfeld. Die große Zahl an Eigenbauspielern in der erweiterten Stammmannschaft ist gleichermaßen lobenswert wie unüblich für einen derart finanzstarken Verein. Auch die Tatsache, dass Spieler erst relativ spät von der Austria weggehen, spricht für die Perspektiven, die man ihnen im eigenen Verein einräumt. Schlussendlich stammen viele der erfolgreichsten österreichischen Legionäre aus der Akademie der Veilchen. Alles in allem ist der erste Platz in unserem Ranking eindeutig und hochverdient.

Auch aus dem Rapid-Nachwuchs stammen ähnlich viele Hochkaräter wie aus dem des Wiener Stadtrivalen. Allerdings gibt es für Eigenbauspieler derzeit vergleichsweise wenige Einsatzminuten bei den Grün-Weißen. Daher reicht es nur für den Vizemeister-Titel im SturmNetz-Ausbildungsvereins-Ranking.

Red Bull Salzburg hat natürlich eine absolute Ausnahmestellung im Bereich der Nachwuchakademien und wird in absehbarer Zeit in vielen Kategorien nach vorne rutschen. In unserem aktuellen Ranking, das viele historische Daten berücksichtigt und alle aktiven Profis einschließt, reicht es aber derzeit nur für einen soliden dritten Platz. Mit ein Grund dafür ist, dass viele hoffnungsvolle Jungbullen aufgrund der immens starken Konkurrenz frühzeitig den Verein verlassen. Ein anderer Grund ist, dass Supertalente, die erst mit 19 zum Verein kommen, nicht als Eigenbauspieler eingestuft werden.

Bei der Admira ist eine gute Nachwuchsarbeit eine absolute wirtschaftliche und sportliche Notwendigkeit. Das machen sie auch hervorragend und mitunter mündet das sogar in überraschenden sportlichen Erfolgen. Für einen Stockerlplatz in unserem Ranking reicht es trotzdem knapp nicht.

Der SK Sturm ist in Sachen „erfolgreicher Ausbildungsverein“ bestenfalls Bundesligadurchschnitt. Dem engagierten Anhänger ist das auch klar, ohne dass er tagelang einschlägige Datenbanken auswertet. Eine mögliche Erklärung ist die, dass für eine erstklassige Ausbildung a lá Austria Wien das Geld fehlt und dass gleichzeitig der sportliche Anspruch zu hoch ist, als dass man dem – anscheinend limitierten – eigenen Nachwuchs allzu viel Vertrauen schenkt. Sturm ist also weder Topverein noch Ausbildungsverein, sondern irgendwas dazwischen. Das sind offensichtlich keine idealen Voraussetzungen für den schwarz-weißen Nachwuchs.

Der SV Mattersburg setzt hingegen sehr stark auf Eigenbauspieler und genügt damit den eigenen sportlichen Ansprüchen. Eine bessere Platzierung als Rang 6 ist allerdings nicht drinnen, da sich kaum einmal ein Spieler aus dem Nachwuchs der Burgenländer anderswo nachhaltig etablieren konnte. Zu den wenigen Ausnahmen zählen Christian Fuchs (Leicester) und Marvin Potzmann (SK Sturm).

Etwas überraschend ist das schlechte Abschneiden der SV Ried in unserem Ranking. Man würde meinen, dass der österreichische Vorzeige-Dorfklub auf eine überaus erfolgreiche Nachwuchsarbeit angewiesen ist. Dem ist nicht so. Die SV Ried setzt vor allem darauf, dass anderswo steckengebliebene Spieler im sehr familiären Umfeld der Innviertler Wikinger aufblühen.

Der WAC, Grödig und anscheinend auch Altach sind noch nicht lange genug im Profi-Geschäft, um in unserem Ranking eine nennenswerte Rolle zu spielen.

 

3 Kommentare

  1. Juran sagt:

    Mir fehlt da irgendwie noch ein Ranking in welchen alter die Spieler beim Jeweiligen Verein im Durschnitt debütieren, und auch ein Ranking wie viele Spieler der jeweiligen AKA es in die Bundesliga Geschafft haben.

    Ansonsten Danke für dieses Ranking, das sehr schön zeigt wieviel der eigene Nachwuchs wirklich wert ist bei uns.

  2. Schworza99 sagt:

    Man muss aber auch dazu sagen dass man mit den Mitteln die Man hat, gute Arbeit leistet. Desto mehr Geld in Infastruktur gesteckt wird, Desto beser wird auch die Jugend. Geld regiert eben den Fussball.

    • dada sagt:

      nunja ich würde jetzt schon mal stark davon ausgehen, das die admira ein kleineres budget als sturm haben wird und sie sind in diesem ranking dann aber doch vor sturm.
      Gerade wenn man die Mittel nicht hat, dann kann ich doch bevor ich „irgendjemanden“ kaufe auch doch mal dem nachwuchs eine chance geben. Ich glaube durchaus, das man auch mit eigenbauspieler es schafft die „leistung“ zu bringen die wir im mom sehen 😉

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