Die Verteidiger

SturmNetz Winterzeugnis #2

Aufgeteilt auf vier wunderbar knackige Ausgaben werden wir euch in den nächsten Tagen ein kleines Zwischenfazit über jeden eingesetzten Spieler der Blackies liefern. Hier fließen die durchschnittlichen Noten aus allen Leserzeugnissen, Spieldaten sowie unsere subjektive Meinung mit ein. Wir wünschen viel Spaß!

Ausgabe #2: Die Verteidiger

© Martin Hirtenfellner Fotografie

© Martin Hirtenfellner Fotografie

[sc:veballherbst15] [sc:vefoulsherbst15]

 

Die Innenverteidiger

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Michael Madl (ø-Leserzeugnis Note: 2,46)

Oh captain, my captain! Ein starker Herbst von Madl, der auch von Teamchef Marcel Koller mit der Einberufung ins Nationalteam honoriert wurde. Er ist im Vergleich zur letzten Saison sichtlich gereift, mit sechs gelben und einer gelb-roten Karte ist er jedoch der undisziplinierteste aller Sturmspieler, auch 34 Fouls (die meisten aller Verteidiger der Liga) sind noch deutlich zu viel. Er ist ein echter Leader geworden, der antreibt, motiviert und fordert. Sein kompromissloser Einsatz (kein Sturmspieler geht öfter in Kopfballduelle, kein Sturmspieler hat mehr Ballaktionen) macht ihn zu einem echten Blacky, genau das wollen die Fans sehen. Madl scheint sich in Fodas System sichtlich wohlzufühlen: Mit seiner starken Antizipationsfähigkeit erobert er Bälle früh (14 geblockte Schüsse, 76 abgefangene Pässe – zweitbester Wert der Liga) und auch seine Spieleröffnung hat sich stark verbessert: 130 angekommene lange Bälle (bester Ligawert für einen Innenverteidiger) und 80,83 % angekommene Pässe unterstreichen dies eindrucksvoll. Alles in allem hat sich Madl in diesen 20 Bundesligarunden zu einem würdigen Kapitän und Führungsspieler weiterentwickelt. Das blieb bei Klubs aus dem Ausland wohl nicht unbemerkt …

[sc:madlherbst15]

Lukas Spendlhofer (ø-Leserzeugnis Note: 2,72)

Vorab: Spendlhofer ist nicht mehr so stark, wie in seiner ersten Saison, subjektiv empfunden zumindest. Seine Statistiken sprechen aber für sich: Mit 70,78 % gewonnener Zweikämpfe ist er der zweitbeste Innenverteidiger der Liga. Leider war der „Neuzugang“ diese Saison unerwartet fehleranfällig. Zu oft kostete ein Blackout von Spendi den ein oder anderen Punkt. Das lässt sich auch statistisch belegen: Mit 59 Fehlpässen in der eigenen Hälfte fabrizierte er die meisten aller Sturmspieler in der kritischen Zone. Dennoch: Lukas ist und bleibt ein starker Verteidiger. Trotz seines jungen Alters ist er weder nervös am Ball, noch zaghaft in den Zweikämpfen. Seine Entwicklung hängt sicher auch mit den starken Leistungen von Michael Madl zusammen: Sollte dieser einmal einen schlechten Tag erwischen, ist Spendlhofer leider noch nicht in der Lage, ins Feuer zu springen. Das war besonders in jenen Spielen auffällig, in denen ihm Madl nicht zur Seite stand. Wenn der 22-Jährige es schafft, die Konzentration konstant über 90 Minuten hochzuhalten, sollten auch seine Blackouts seltener werden. Eines seiner größten Mankos ist seine zu geringe Sprintgeschwindigkeit, an der er noch arbeiten sollte. Sturm will hoch verteidigen, jedoch schafft es Spendlhofer nicht immer, mit schnellen Gegenspielern mitzuhalten und ist dadurch ein potenzieller Gefahrenherd. 86 geklärte Bälle (sogar einer auf der Linie!) sind allerdings der beste Wert aller Sturmspieler. Im Verbund mit Madl darf sich Sturm über das wahrscheinlich stärkste Innenverteidigerduo der Liga freuen.

[sc:spendiherbst15]

 

Die Außenverteidiger

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Charalampos Lykogiannis  (ø-Leserzeugnis Note: 2,78)

Als Neuzugang, noch dazu ohne Deutschkenntnisse, hat man es natürlich enorm schwer. Darüber hinaus verletzte sich Lykogiannis in seinem ersten Spiel für Sturm Graz nach 45 Minuten und fiel deswegen lange aus. Als er wieder fit wurde, merkte man bei Klem eine kleine Leistungssteigerung; im Training gibt Lyko wohl alles. Des Griechen Zweikampfwerte lesen sich immer wieder sehr gut, jedoch ist seine Fehlpassquote indiskutabel hoch: Mit 45,11 % hat er eine der schlechtesten Quoten ligaweit. Besonders ist uns das letzte Heimspiel gegen den SV Mattersburg in Erinnerung geblieben. Gegen seinen direkten Gegenspieler Karim Onisiwo fand er überhaupt kein Mittel, am Ende konnte er gerade einmal 3 seiner 16 Zweikämpfe gewinnen. Seine stärkeren Leistungen, wie zum Beispiel jene gegen Rubin Kazan vor seiner Verletzung oder das letzte Auswärtsspiel in Salzburg, sollen aber genauso Erwähnung finden. Verpflichtet man einen Legionär, so darf man sich eigentlich sofort erkennbare Verbesserungen durch ihn erwarten – dem konnte Lykogiannis bis dato aber noch nicht gerecht werden – wie das nach der Wintervorbereitung wird es notwendig sein, seine Verpflichtung erneut zu evaluieren. Vielleicht stabilisiert sich der junge Grieche noch.

[sc:lykoherbst15]

Marvin Potzmann  (ø-Leserzeugnis Note: 2,92)

Potzmann hätte das fehlende Puzzlestück auf der rechten Abwehrseite sein können, ist es aber (noch?) nicht. Das Zusammenspiel mit Schick funktionierte über weite Strecken schon recht gut, dennoch agierte Potzmann im Vergleich zu seinen Leistungen bei anderen in seiner Vita aufgeführten Vereinen wesentlich defensiver. Das mag natürlich auch Fodas System geschuldet sein. Ein Außenverteidiger, wie es der Burgenländer ist, hätte seine Stärken sicherlich eher in der Offensive als in der Defensive. Viele Schnitzer sind von ihm nicht in Erinnerung geblieben, aber auch kein Spiel, in dem er über 90 Minuten voll überzeugen konnte. Mit 77,13 % angekommenen Zuspielen hat er zwar einen sehr starken Wert für einen Außenverteidiger, jedoch spielt er viel zu viele planlose Alibipässe (85 Pässe zurück, die meisten aller defensiven Sturmspieler). Marvin schlug mit 32 Flanken die meisten aller Verteidiger bei Sturm, aber nur sieben davon fanden auch einen Abnehmer. Defensiv kann man Potzmann kaum etwas vorwerfen: Mit 62 Tacklings (47 davon erfolgreich) versuchte er öfter als seine Kollegen, Kontrahenten zu stoppen.

[sc:potziherbst15]

Christian Klem  (ø-Leserzeugnis Note: 3,02)

Mit Lykogiannis hat Klem endlich den von vielen lang ersehnten Konkurrenten auf der linken Abwehrseite bekommen. Doch dann verletzte sich sein griechischer Kollege bereits in seinem ersten Spiel für Sturm Graz – wieder keine belebende Konkurrenz.
Durchschnitt: Kaum ein Wort beschreibt Klem so präzise, obwohl es so viel Interpretationsspielraum gäbe. Klem ist „erst“ 24 Jahre alt, hat aber schon beachtliche 161 Bundesligaspiele in den Knochen. Nach so einer hohen Anzahl an Ligaspielen erwartet man als Fan einen Leistungsanstieg. Diesen vermisst man bei Klem seit gut zwei Jahren völlig; den letzten Leistungsschub gab es, man glaubt es kaum, unter Hyballa. Seinen Talentstatus ist er ebenso längst losgeworden, wie seinen Kredit bei so manchem Fan. Kein einziger Scorerpunkt bei derart vielen Einsatzminuten ist längst indiskutabel für einen modernen Außenverteidiger.
Defensiv nicht immer sattelfest, offensiv wenig vorhanden. So einfach lässt sich Klem zusammenfassen. Sein Vertrag läuft im Sommer aus, für beinahe jeden Verein, der aktuell unter Sturm in der Tabelle zu finden ist, wäre Klem wahrscheinlich eine Verstärkung. Ob er für Sturm Fluch oder Segen ist, lässt sich nur sehr schwer beantworten. Einen stabileren Linksverteidiger gibt es allerdings nur selten in unserer Liga. Viele Sturmfans würden sich Oliver Kragl von Ried wünschen. Dieser hat jedoch eine noch schlechtere Passquote als Lykogiannis.

[sc:klemherbst15]

Tanju Kayhan  (ø-Leserzeugnis Note: 3,13)

Der Neuzugang kam spät zur Mannschaft und hatte einiges an Trainingsrückstand, diesen konnte er in der kurzen Zeit auch nicht mehr aufholen. Wenn man sich im Vorfeld seiner Verpflichtung an Kayhan aus seiner Zeit bei Rapid zurückerinnert, durfte man als Sturmfan leise jubeln. Alle Probleme auf der rechten Abwehrseite hätten mit einem Schlag der Vergangenheit angehören können: Es gilt jedoch zu bedenken, dass ein Kayhan in Rapid-Form wohl nicht den Weg zu Sturm gefunden hätte. In seinen ersten Spielen machte sich die fehlende Fitness und Matchpraxis noch deutlich bemerkbar und auch im Laufe der Saison wurden seine Leistungen nicht unbedingt besser. Mittelmaß in seiner reinsten Form. Einzig sein letztes Spiel gegen Grödig erinnerte in Ansätzen an jenen Kayhan, den man sich als Sturmfan wünscht. Nach einer kompletten Vorbereitung könnten wir ab Februar einen völlig anderen Tanju zu Gesicht bekommen. Es gibt also noch genügend Luft nach oben (Kayhan ist vor Ehrenreich der schwächste Verteidiger nach den SturmNetz Leserzeugnissen), denn der Wiener hat in der Vergangenheit schon bewiesen, welch fabelhafter Außenverteidiger in ihm stecken kann. Seine Passqoute von 84,55 % ist schon jetzt Spitzenklasse, auch seine Zweikampfbilanz ist die beste eines Außenverteidigers in Österreich. Jetzt muss er nur noch in den restlichen Kategorien aufholen.

[sc:kayhanherbst15]

Martin Ehrenreich  (ø-Leserzeugnis Note: 3,80)

Sehr weit abgeschlagen auf dem letzten Platz der Leserwertung findet man Martin Ehrenreich. Der Vertrag mit dem Routinier wurde vor dieser Saison um zwei weitere Jahre verlängert; einige Fans fragten sich, warum man einen mittelmäßigen 32-jährigen Außenverteidiger diesen Bonus zuteil werden lässt. Franco Foda sprach von der notwendigen Routine, die man ohne ihn vermissen würde. Das war auch der Grund, warum der Trainer ihn gegenüber Potzmann gegen Rubin Kazan vorgezogen hatte. Ein bekanntermaßen fataler Fehler. Das Ausscheiden nur an Ehrenreichs katastrophaler Leistung auszumachen, wäre allerdings unfair. Nach dem Ausscheiden kam Öhrli noch zu einigen Einsätzen, wirklich erholen konnte er sich von seinem Formtief jedoch nie. Wie ein Damoklesschwert schwebte die ständige Unsicherheit über ihm. Gerade von einem Routinier erwartet man sich viel mehr. Ehrenreichs Statistik liest sich fürchterlich: Der Leobener hatte die wenigsten Ballaktionen aller Außenverteidiger bei Sturm, absolvierte am wenigsten Zweikämpfe und hat dabei dennoch eine negative Bilanz. Bei wie vielen Duellen ist er zudem gar nicht in einen Zweikampf gekommen, erfasst leider keine Statistik.
Öhrli hat immer alles für Sturm gegeben, ist ein sympathischer Bursche, deswegen fällt es umso schwerer, mit ihm hart ins Gericht zu gehen. Nicht unerwähnt sollte sein vorbildliches soziales Engagement bleiben. Auch mit der Grazer Fankultur setzt sich Ehrenreich intensiv auseinander. Ich persönlich würde ihm einen Wechsel in die Erste Liga wünschen. Dort kann er zeigen, dass er diesen Herbst unter seinen möglichen Leistungen geblieben ist. Bei Sturm wird Ehrenreich wohl zu keinen Einsätzen mehr kommen.

[sc:oehrliherbst15]

 

Noch ein kleiner allgemeiner Nachtrag zu den Außenverteidigern unter Foda: Klem hat, mit durchschnittlich 75 Ballaktionen pro 90 Minuten, die meisten bei Sturm und liegt damit auch im Ligavergleich ganz weit vorne. Potzmann kommt auf 68, auch das ist ein hoher Wert. Gemessen an der Beteiligung der Außenverteidigern an Torschüssen, ist Sturm das schwächste Team der Liga.

Augenscheinlich versucht Foda sein Spiel über die Flügel aufzubauen, hier ist der erste Anspielpartner logischerweise ein Außenverteidiger. Diese scheinen mit dieser Aufgabe allerdings heillos überfordert zu sein und spielen, besonders bei entsprechendem Gegenpressing, den Ball sofort wieder zurück. Die offensiven Flügel sind aber schon weiter nach hinten gerückt, die defensiven Mittelfeldspieler haben sich schon Richtung Flügel positioniert, um mehr Anspielstationen zu generieren. Nach dem panischen Pass in die Mitte ist der Ball zumeist wieder bei Madl oder Spendlhofer. Deren einzige Möglichkeit? Ein langer Ball nach vorne. Kein Spieler steht dann korrekt, um den Ball einfach nach vorne zu schlagen. Die Konsequenz daraus: Der Ball ist ziemlich schnell wieder weg.

Unter Milanic, der eine wesentlich defensivere und hölzernere Spielanlage erkennen ließ, war Klem in der Saison 2013/14 hochgerechnet auf 90 Minuten an 7 % der Torschüsse beteiligt – in der aktuellen Saison an mageren 4 %.
Unter Franco Foda ist kaum ein System erkennbar, Spieler werden offensichtlich in Rollen gedrängt, die nicht deren Stärken entsprechen und zu guter Letzt ist keine sichtbare Leistungssteigerung von Spielern unter seiner Führung (mit ein paar mageren, zeitlich begrenzten Ausnahmen wie Piesinger letzten Herbst) erkennbar. Sturms Ansprüchen kann man so nicht gerecht werden.

Statistik-Quellen: Sturmnetz, OPTA, Bundesliga, Laola1, Ballverliebt

 

1 Kommentar

  1. Moe sagt:

    Ich hoffe man kann Madl halten, soviel Geld wird der auch nicht mehr reinspülen. Bei Spendlhofer kann man auf jeden Fall auf die Frühjahrssaison gespannt sein.
    Ehrenreich sehr sympathisch aber leider zurzeit einfach nicht bundesligatauglich.
    Das Außenverteidiger Problem kennen wir aber eh schon seit Jahren. Das gibts aber in der ganzen Bundesliga, wie weit Klem sich wieder erfangen kann oder noch ein paar Schritte nach vorne machen kann weiß man nicht. Bei Lyko weiß man das aber auch nicht, die Verpflichtung versteh ich nicht ganz. Wieder ein Legionär der nicht unmittelbar helfen kann. Diese Transfers versteht einfach kein Mensch.

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