Die Tage in Wudsch
Nach 800 abgespulten Kilometern in acht Stunden Non-Stop-Fahrt erreichten wir pünktlichst, fünf Minuten vor Beginn der Pressekonferenz, das Widzew-Stadion in Lodz. Gut kalkuliert, eigentlich, bloß dass wir – bereits im Stadioninneren – feststellen mussten, dass irgendetwas merkwürdig zu sein scheint, lag doch kein Hauch von Champions-League-Quali-Flair in der Luft. Auskunftswillige Einheimische? Fehlanzeige. Bis plötzlich die Spieler des polnischen Traditionsvereins in Trainingsbekleidung neben uns standen und uns verdutzt anschauten, was zum Teufel wir hier eigentlich zu suchen haben. Zu unserem Glück kickt bei den Polen aktuell mit Martin Kreuzriegler ein österreichischer Legionär, der sich unserer annahm und uns mitteilte, dass die richtige Spielstätte nur wenige Kilometer von hier entfernt liegt und es in Lodz um diese Uhrzeit kaum Verkehr gäbe. Wir zogen ein Stadion weiter, kämpften wie Löwen um unsere Akkreditierung beziehungsweise den Einlass und durften dann doch noch das Abschlusstraining der Blackys miterleben, ein – wie angekündigt – kurzes und knackiges. Mit Christian Ilzer als stillem Beobachter und dem Honigdachs in der Rolle des großen Motivators.
Nach der ersten Stadionvisite ging es dann gleich weiter in unser vom LKS-Stadion nur drei Kilometer entferntes Hotel. Alles perfekt. Bloß, Warmwasser gibt es erst morgen ab 18 Uhr wieder. Kein Problem, ist eh grad Sommer. Die Sachen im Zimmer verstaut, machten wir uns gleich auf, das Wahrzeichen von Lodz, die Piotroeska-Straße abzuklappern. Die längste Fußgängerzone der Stadt beherbergt eine Menge Cafés, Gärten, Pubs und Musik-Clubs, glänzt mit schönen, neu renovierten Innenhöfen und war bei sommerlichen Temperaturen bestens besucht. Hängen geblieben sind wir dann letztendlich in einem wunderbaren Klub, aus dem lateinamerikanische Klänge zu vernehmen waren und wo eifrig und leidenschaftlich getanzt wurde. Zwar konnten wir den ganzen Abend noch keine Sturmanhänger in der Stadt entdecken, zu unserer Überraschung hatte es aber justament den Vereins-Vorstand rund um Präsident Christian Jauk in diese Lokalität verschlagen. Anlass der Vorfeierlichkeiten? Finanzboss Gerhard Steindl beging an diesem Abend seinen „dreiundzwanzigsten 30. Geburtstag“. Nochmals ein Dankeschön für die Einladung Herr Diplomingenieur. Uns einte die Hoffnung, dass es auch am nächsten Tag etwas zu feiern geben wird.
Noch ganz leicht gezeichnet, machten wir uns am zweiten Tag direkt nach dem Frühstück auf, noch mehr von Lodz zu erkunden. Wir besuchten die Manufaktura, ein 27 Hektar großes Vergnügungs- und Einkaufszentrum, in dem man auch einiges an zeitgenössischer Kunst entdecken kann und ratterten mit einer der nostalgischen Straßenbahnen in das EC1, das Wissenschafts- und Technikmuseum der Stadt. Über einen Stopp in Form einer kurzen Rückkehr in das Las Palmas, das sich unter Tage vergleichsweise unaufgeregt präsentiert – ging es zur Corteo der mittlerweile in Lodz eingetroffenen Sturmfangruppen. Alles positiv gestimmt, alles gesittet, die Schwarz-Weißen erwiesen sich trotz der langen Busfahrt ziemlich munter. Eine Polizistin, bewaffnet mit einem Flammenwerfer, war während dieses etwa fünf Kilometer langen Spazierganges durch die Stadt die Novität schlechthin.
Bereits frühzeitig erreichten wir die LKS-Arena, die Akkreditierung klappte am Matchtag problemlos und so lautete der Plan, uns vor Anpfiff noch im Pressebereich zum Nulltarif zu stärken. Leider blieb ein stilles, viel zu warmes, Mineralwasser das einzige Goodie und Zeit, aber auch darüber zu sinnieren, wie gut der Verein derzeit dasteht und für uns kein Zweifel an einem möglichen Weiterkommen gegen Dynamo Kiev besteht. Die ersten zwanzig Minuten der Blackys unterstrichen dies dann auch und letztendlich war das Endergebnis noch alles andere als eine Vorentscheidung. Nach der Partie erlebten wir bei der Pressekonferenz einen grantelnden Mircea Lucescu und einen „Nur-in-Deutsch“ noch zuversichtlich wirkenden Christian Ilzer. Zurück in der Piotrowska-Straße ernteten wir – stellvertretend – von polnischen Fußballinteressierten viel Lob für das angenehme, stimmungsvolle Auftreten unserer Away-Fahrer, aber natürlich wünschten sich die Einheimischen ein Weiterkommen von Dynamo, um in Lodz weiterhin internationalen Fußball erleben zu dürfen. Die beiden heimischen, lokalen Profiklubs sind demnach „derzeit nicht anzuschauen“.
Da ja laut Ivica Osim ein Tag ohne Fußball ein verlorener ist, versuchten wir den Heimreisetag – mittlerweile war Warmwasser im Hotel eingetroffen – dahingehend zu nutzen, uns ein Spiel für einen Zwischenstopp zu suchen. Mit der Conference-Quali-Partie zwischen Spartak Trnava (dem Ex-Klub von Nestor El Maestro) und Raków aus Polen wurden wir in der Slowakei auch fündig. Das Fazit nach einer internationalen Auswärtsreise mit Sturm ist hochgradig resultatsunabhängig und jeder neue Fleck auf der europäischen Landkarte eine wertvolle Erfahrung. Vor allem die Zugriffszahlen auf unseren Live-Ticker zeugten vom großen Interesse der Daheimgeblieben, auch wenn wir alleine für das Moderieren der hunderten Kommentare bis an unsere Leistungsgrenzen hinsichtlich Fingerfertigkeiten gehen mussten. Uns bleibt nur noch zu hoffen, dass der nächste SturmNetz-Ticker und Reisebericht bereits Ende August erscheint. Mit Eindrücken aus Lissabon.
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