Die Neuen im Fokus (Teil2): Baris Atik
Mit drei Kurzseinsätzen für die Erste der TSG Hoffenheim sowie deren 16 in der Regionalliga Südwest, wo er zehn Tore verbuchen konnte, fällt es beim 22-jährigen Neo-Blacky Baris Atik schwer, ein sinnvolles Urteil ob dessen Leistungen zu fällen. Der beidfüßige, kleingewachsene Deutsch-Türke erinnert auf den ersten Blick stark an Donis Avdijaj. Ebenso wie die einstige Schalke-Leihgabe liegen die Stärken des Baris Atik definitiv in der Offensive. Bedenklich ist die voraussichtlich überaus kurze Dauer seines Aufenthalts in Graz. Sollte er voll einschlagen, so könnte man ihn im schwarz-weißen Dress nicht allzu lange bestaunen.
Baris Atik wurde am 9. Januar 1995 in Frankenthal, Rheinland-Pfalz als Sohn türkischer Eltern geboren und trat auch ebenda im Kindesalter gegen das runde Leder, ehe er in der Jugend des SV Waldhof Mannheim unterkam. Atik durchlief den Nachwuchs in Mannheim bis zur A-Jugend, wechselte im Sommer 2012 im Alter von 17 Jahren dann in die U19 Mannschaft des deutschen Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim.
Dort konnte er im Prinzip auf Anhieb überzeugen. In seiner ersten Saison in Hoffenheim brachte es der beidbeinige Offensivspieler auf 22 Einsätze in der A-Jugend Bundesliga (5 Tore, 1 Assist). Atik kam hierbei großteils als Mittelstürmer an vorderster Front zum Einsatz und machte im Frühjahr 2013, nur ein halbes Jahr nach seinem Wechsel in die Hoffenheim-Jugend, erstmalig von sich reden. Kurz nach seinem 18. Geburtstag wurde der deutsch-türkische Doppelstaatsbürger erstmals vom türkischen Verband entdeckt und wurde für die U18-Nationalmannschaft einberufen. Sein Debüt gab er am 5. März 2013 in einem Freundschaftsspiel gegen die U18 von niemand geringerem als Portugal. Atik erzielte bei seinem Debüt nicht nur ein Tor, sondern feierte auch einen überraschenden 3:1-Auswärtssieg. 2 Tage darauf kam er zu seinem zweiten und letzten Einsatz für die U18 Nationalmannschaft – ebenfalls gegen Portugal, diesmal ging man jedoch als Verlierer vom Feld.
Zurück vom Lehrgang gab Atik in Hoffenheim weiter Gas und wurde noch in seiner ersten Saison in Hoffenheim mit Trainingseinheiten bei der Amateurmannschaft belohnt. Dort konnte er derart überzeugen, dass ihn Trainer Otmar Rösch auch noch im April in der Regionalliga-Südwest debütieren ließ. Und Debüts liegen Baris Atik – das zeigte er ja schon bei der Nationalmannschaft. Atik wurde im Auswärtsspiel bei der SG Sonnenhof Großaspach zur Halbzeit – wohlgemerkt für einen gewissen Seidefin Chabbi – eingewechselt und bezwang den mittlerweile bei der Lustenauer Austria zwischen den Pfosten stehenden Christopher Knett nach einer furiosen Aufholjagd zum 3:3 Ausgleichstreffer – zuvor hatte übrigens Michael Gregoritsch den Anschlusstreffer markiert. Durch einen späten Gegentreffer verlor man das Spiel zwar noch mit 4:3, für Atik selbst konnte man das Debüt im Erwachsenenfußball jedoch durchaus als Erfolgserlebnis aus persönlicher Sicht werten. Nur 4 Tage darauf durfte Atik dann im Spiel gegen Hessen Kassel sogar über 90 Minuten ran, konnte die 0:2-Niederlage seiner Mannschaft jedoch nicht verhindern und wurde obendrein bereits in der 8. Spielminute für eine Schwalbe verwarnt.
Ob diese Aktion sein Standing beim Coach verschlechtert hat, ist nicht bekannt. Fakt ist jedoch, dass Atik nach der Sommerpause wieder in der U19-Mannschaft mitspielte und über 4 Monate auf seinen nächsten Einsatz für die Amateurmannschaft warten musste. In der A-Jugend unter seinem großen Förderer Julian Nagelsmann (ja, der!) ragte der kleingewachsene Dribblanski jedoch heraus, kam zu 22 Saisoneinsätzen (die meisten davon als Mittelstürmer) bei denen er mit 12 Toren und 8 Torvorlagen einen der größten Gründe für den Meistertitel der A-Jugend Bundesliga darstellte und eine mehr als überzeugende Empfehlung für höhere Aufgaben abgab. Atik durfte auch in dieser Saison phasenweise an der zweiten Mannschaft schnuppern, kam zu 3 Joker-Einsätzen und wurde bei allen 3 nach nur kurzer Zeit am Platz verwarnt.
In der Saison 2014/15 zählte der zu diesem Zeitpunkt 19-jährige Atik dann jedoch endgültig zum Stamm der Hoffenheimer Amateurmannschaft – und zwar von Runde 1 an. Zum Saisonauftakt gegen Hessen Kassel stand Atik bereits in der Startelf und war mit zwei Vorlagen hauptverantwortlich für den 3:1-Sieg. In Runde 2 beim 4:1-Erfolg gegen Zweibrücken setzte Atik, der bei der zweiten Mannschaft der Hoffenheimer abwechselnd auf sämtlichen Offensivpositionen zum Einsatz kam, egal ob Stürmer, Flügel oder offensives Mittelfeld, mit jeweils einem Tor und einer Torvorlage nach. Atik startete furios in die Saison, dies schlug nicht nur bei den Scorerpunkten nieder, sondern – wer aufmerksam bis hierhin gelesen hat, weiß, was jetzt kommt – auch bei den gelben Karten. Nach nur acht Runden wurde Atik bereits vier mal verwarnt, eine Statistik die wohl selbst James Jeggo himself beeindrucken würde. Fairerweise ist hierbei zu erwähnen, dass in der gesamten restlichen Saison lediglich zwei weitere gelbe Karten hinzu kamen. Atik kam in seiner ersten vollen Saison im Erwachsenenfußball auf 29 Einsätze, bei denen er mit 4 Toren und 9 Torvorlagen einen bleibenden Eindruck hinterließ.
In der Saison 2015/16 ging die steile Entwicklung des Baris Atik weiter. Atik lieferte gleich in der ersten Runde der Saison eine Gala-Vorstellung ab, gelangen ihm beim 6:1-Heimsieg gegen SV Saar 05 sage und schreibe vier Assists – und in dieser Tonart ging es die komplette Saison weiter. 24 Einsätze, 3 Tore, 13 Torvorlagen.
Und hier kommt ein alter Bekannter ins Spiel. Am 11. Februar 2016 wird überraschend Julian Nagelsmann – Atiks Trainer aus U19-Zeiten – im Alter von gerade einmal 28 Jahren zum Cheftrainer der Hoffenheimer Bundesliga-Mannschaft ernannt. Und der stieg nicht alleine auf. Noch im selben Monat spulte Atik seine ersten Trainingseinheiten mit der Kampfmannschaft ab, am 19. März 2016 stand der 21-Jährige dann sogar erstmals im Bundesliga-Kader. Im Hamburger Volksparkstadion sah Atik – wie auch über 48.000 Zuseher an diesem Tag – einen 3:1-Auswärtssieg der Hoffenheimer von der Bank aus. Im Mai 2016 unterzeichnete er dann seinen ersten Profivertrag in der deutschen Bundesliga – datiert bis Sommer 2019. Schon damals kündigte Sportdirektor Alexander Rosen an, man strebe im Fall Baris Atik eine Leihvariante an.
Doch dazu kam es nicht. Atik verblieb in Hoffenheim, wo er im abgelaufenen Herbst in 16 Einsätzen bei der zweiten Mannschaft mit zehn Toren und fünf Assists weiterhin mehr als deutlich gemacht hat, dass die 4. deutsche Liga so gar nicht auf seinem Level ist. Drei Wochen vor Weihnachten, als vorgezogenes Geschenk, sah dies wohl auch Julian Nagelsmann so und verhalf Atik zu seinem bisher größten Highlight als Fußballer – quasi zu seinem persönlichen „McMoment“. Zu diesem Zeitpunkt stand Atik in der – noch laufenden – Saison bereits zwei Mal im Kader der Kampfmannschaft: In Runde 4 gegen Darmstadt und in Runde 12 gegen Gladbach. Doch dieses Mal, in Runde 13, war es endlich soweit. Atik stand beim Heimspiel gegen den 1. FC Köln zum insgesamt vierten Mal im Bundesliga-Kader, zum ersten Mal jedoch in einem Heimspiel. Fast 30.000 Zuseher waren an diesem Tag in die „Wirsol Rhein-Neckar Arena“ geströmt, um das Spiel gegen die Mannen von Peter Stöger live zu sehen. Nach 60 Minuten war es dann geschehen: Beim Stand von 2:0 für die Hausherren kam Atik für den an diesem Tage als Kapitän aufgelaufenen Eugen Polanski aufs Feld und durfte seine ersten 30 Minuten in der höchsten deutschen Spielklasse absolvieren. In diesen 30 Minuten erzielten die Hoffenheimer zwei weitere Tore und schickten die Kölner mit einem 4:0 auf die Bretter. Am 16. und 21. Dezember 2016 kam Atik noch zu zwei weiteren Joker-Einsätzen in der Bundesliga: Beim 2:2-Remis gegen Borussia Dortmund und einem 1:1 gegen Werder Bremen.
Atik war quasi mit dem Jahreswechsel näher an der deutschen Bundesliga als je zuvor. Einige Fans kritisieren zwar zurecht, dass Atik mit bereits 22 Jahren noch nirgendwo oberhalb der 4. deutschen Liga aufzeigen konnte, fakt ist jedoch auch, dass die Karrierekurve des Baris Atik in den vergangenen Jahren sehr steil nach oben ging. Nur wenige Wochen bevor Sturm den Offensivspieler ausgeliehen hat, feierte dieser seine ersten drei Einsätze in der deutschen Bundesliga – nimmt man den sportlichen Werdegang her, dann sieht es auch qualitativ so aus, als hätte Sturm einen neuen Donis Avdijaj im Team. Atik hat nun vier Monate Zeit, um in Graz einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen – vor allem einen, der bis nach Hoffenheim wirkt. Die Autoren dieser Zeilen gehen davon aus, dass dieser Spieler im Frühjahr richtig viel Spaß machen wird.
Vertragssituation: Leihe bis 30.06.2017
Testspielminuten: FC Uta Arad (1:1) 56 Minuten
Wahrscheinlichkeit im Spiel gegen Mattersburg bereits in der Startelf zu stehen: 20%
Kompliment zu diesem guten Artikel (fast erweckt er den Eindruck, es komme ein kleiner Messi nach Graz), er macht echt neugierig, Baris Atik im Frühjahr am Werk zu sehen. Das wär‘ doch auch ein Super-Sturm-Duo, der „kleingewachsene“ Atik neben dem „langen“ Kienast.
Ja, super zum Lachen 🙂
Ansonsten bin i voll bei dir! Atik is (subjektiv gesehen) denk i sia der stärkste der Neuen und könnt uns viel Freude machen, wenn er gut bei uns reinkommt..und wer weiß, der Donis is im Endeffekt a länger geblieben, als anfänglich gedacht..
Freu mi jedenfalls scho brutalst aufn Buli Start 🙂 🙂 🙂
Das Bild Atik neben Kienast wäre amüsant (hab aber auch schon ein tolles Horvath neben Piesinger-Bild gesehen) – rein sportlich würde ich aber neben Atik schon lieber einen anderen sehen 🙂
bei dem Testspiel in Spanien war er nicht schlecht anzuschauen… hat echt Speed in seinen Aktionen und gute Ballbeherrschung – ist für mich nur die Frage, ob er genug Einsatzzeit bekommen wird, um uns und den Trainer im Spiel von seinen Fähigkeiten zu überzeugen..