Die Liebenauer Wiese

Das „Tor zur Stadt“, so hieß ein im September 2012 vom SK Sturm der Stadt Graz vorgeschlagenes Bauprojekt, das eine Komplettsanierung des Stadions in Liebenau und dessen unmittelbarer Umgebung inklusive der Eishalle, dem „Bunker“, bedeuten sollte. Die zu dieser Zeit bevorstehende Wahl des Stadtgemeinderates hätte man in Hinsicht auf Bürgermeister Siegfried Nagls Reaktion, damals schon und spätestens rückwirkend betrachtet, wohl als Grund zum vernünftigen Misstrauen gegenüber dieser plötzlichen Euphorie und auch der augenscheinlichen Fürsprache des Stadtoberhauptes sehen müssen, aber es hörte sich alles so gut an:

(c) Architekturbüro Zinganel

(c) Architekturbüro Zinganel

Vergrößerung der Kapazität, ein neuer modern gestalteter Stadionvorplatz mit Fan-Meile, ein Hochhaus auf dem ehemaligen Air Liquid-Grundstück, die Modernisierung des Stadions mit dem Gedanken an internationale Spiele, vielleicht sogar Spiele des Nationalteams und natürlich auch ein schönes neues Grün, ein Geläuf, das schnellen Fußball ermöglicht und nicht jeder/jedem fußballaffinen Steirer/in die Schamesröte ins Gesicht treibt. Das tröge Antlitz des Stadionplatzes sollte einem modernen Willkommensgruß an der Einfahrt in die Stadt weichen und auch zeigen, dass Graz eine Heimstätte des Sports ist. In einem offenen Schreiben an den Verein drückte der amtierende Bürgermeister Siegfried Nagl vor der Wahl seine Begeisterung über die Vorschläge des SK Sturm aus, lediglich finanzielle Fragen wurden darin nicht einmal oberflächlich thematisiert. Wer das alles zahlen würde, das wusste niemand. Schon damals warnten kritische Stimmen davor, diese Lippenbekenntnisse ernst zu nehmen.

Die Realität

Bis heute, sieht man von notwendigsten Anpassungen für internationale Spiele (Flutlicht, Anpassung des Kabinenbereichs) ab, ist kaum etwas von dem umgesetzt worden, was vorgestellt und vom Bürgermeister als gut befunden wurde. Natürlich wäre man naiv gewesen, zu glauben, dass das „Tor zur Stadt“ in dieser Form auch wirklich realisiert würde. Gerhard Goldbrich zeigte sich schon bald nach der Präsentation des Projekts skeptisch und auch Präsident Christian Jauk gab nach nicht allzu langer Zeit an, man wolle sich nur auf die Anpassung und Modernisierung des Stadions konzentrieren. Der damalige Liebenauer Gemeinderat Max Korp zweifelte überhaupt sehr stark an der Sinnhaftigkeit des vorgestellten Vorschlags, aber man durfte davon abgeleitet zumindest wesentlich umfangreichere bauliche Maßnahmen und Modernisierungen erwarten, als sie bis jetzt vorgenommen wurden. Die Stadt ließ den SK Sturm lange im Regen stehen und selbst grundlegende Fragen, wie jene nach dem Zustand des Rasens, wurden seitens der Messe Congress Graz Betriebsgesellschaft immer wieder auf die lange Bank geschoben – ein Missstand, den der SK Sturm als Mieter der UPC-Arena auszubaden hat. Vor Monaten schließlich wurden für weitere notwendige Verbesserungen am Stadion seitens der Stadt fünf Millionen Euro budgetiert – ein Fortschritt, wenn auch ein kleiner. Noch in diesem Sommer versprach der Bürgermeister, diesen Betrag auf 12 Millionen Euro aufzustocken, weil er gestand, der Zustand des Stadions sei „peinlich“. Wie diese finanziellen Mittel genau aufgebracht werden, ist noch nicht klar – ob Bund und/oder Land sich beteiligen werden, ist nicht bekannt.

Bauliche Maßnahmen brauchen Zeit, die Finanzierung dieser kann nur durch intensive und langwierige Verhandlungen geklärt werden – dass das Stadion, wenn auch nur in abgespeckter Form, nicht stante pede renoviert werden kann, ist logisch. Nicht nachvollziehbar ist aber, dass grundlegende und wichtige Schritte zur Verbesserung nicht sofort gesetzt werden.

(c) SturmNetz.at

(c) SturmNetz.at

Der Rasen

Erst kürzlich wurde der Zustand der Wiese, dieser Begriff beschreibt den Zustand des Spielfeldes wohl am besten, zurecht von Spielern (Anm. Spitzenspiel des SK Sturm gegen Rapid Wien) und u.a. auch Franco Foda, wenn auch von ihm etwas höflicher ausgedrückt, als skandalös reklamiert. Sinnbildlich war ein Elfmeterpfiff: Kristijan Dobras wurde im Strafraum gelegt, allerdings nicht von einem Rapidler, sondern von jenem holprigen Grün, das mittlerweile auch der Bundesliga sauer aufstößt. Nach dem Spiel gegen die Wiener gab es seitens der Bundesliga eine Aufforderung an den Verein, die Platzverhältnisse schnellstmöglich zu verbessern.

Jede negative Kritik an dem Rasen, den der SK Sturm für seine Heimspiele mitbezahlen muss, ist absolut gerechtfertigt. Man muss sich als jemand, dem der Verein am Herzen liegt, schämen, dass auf diesem nicht annähernd für den Profifußball geeigneten Boden Spiele ausgetragen werden und noch mehr dafür, dass die Messe Congress Graz Betriebsgesellschaft als Vermieter bis dato nichts dagegen unternommen hat. Man muss kein Gärtner sein, um zu erkennen, dass in diesem Fall die reine Pflege des Grüns nicht mehr ausreicht: Unzählige gravierende Unebenheiten, teilweise schon kahle Stellen und ein Grasfleckerlteppich, wie man ihn selbst im Unterhaus nicht oft findet, zeigen deutlich, dass die Tage dieses Rasens gezählt sind.

Es braucht einen Neuen und die Stadt bzw. in Vertretung die Verwaltungsgesellschaft muss sich jetzt zum Grazer Fußball bekennen und sich darum kümmern. Es wäre nicht verwunderlich, würde die Bundesliga irgendwann zu dem Schluss kommen, dass auf dieser Wiese im Liebenauer Stadion keine Spiele mehr ausgetragen werden dürfen – den ersten diesbezüglichen Schuss vor den Bug hat es aus Wien bereits gegeben. Der Stadt Graz sei jetzt ans Herz gelegt, zu handeln!

Auf Nachfrage bestätigte die Stadionverwaltung die Verlegung eines neuen Rasens in der Sommerpause nach der aktuellen Saison. Finanziert werde das neue Grün von der Stadt und dem Land Steiermark. Bis zum nächsten Sommer muss der SK Sturm also noch auf dem alten Boden um Punkte kämpfen und auf die Rasenwarte vertrauen, die, so Ing. Karl Altenburger (technischer Leiter der Messe Congress Graz Betriebsgesellschaft), den „gewohnten Standard“ wiederherstellen werden.

Ein neuer Rasen wird also kommen. Dennoch fragt man sich, warum erst so spät? Nicht erst in dieser Saison präsentierte sich das Spielfeld in schlechtem Zustand.

Noch ein wichtiges Anliegen

Nicht nur auf dem Spielfeld gibt es einen dringenden Verbesserungsbedarf. Wie mir von Betroffenen zugetragen wurde, gibt es im Rollstuhlsektor ein grundlegendes Problem, das auf Defizite in der Planung des Tribünenbereiches zurückzuführen ist, nämlich zu wenig Platz. Tatsächlich ist es einem Rollstuhlfahrer nicht möglich, den Sektor zu verlassen, ohne andere Gäste damit zu behelligen. Es fehlt einfach der Platz, um hinter den anderen Zuschauern aus dem Sektor hinauszufahren – es ist schlichtweg nicht möglich, ohne dass alle anderen Rollstuhlfahrer auf umständliche Weise Platz machen. So kann das kurzzeitige Verlassen des Sektors schon einmal zu einer unnötigen Odyssee werden. Abgesehen von der Gefahr, die von einem auf diese Weise blockierten Fluchtweg ausgeht, sind es auch ganz banale Dinge, wie der Besuch der Toilette, die durch diesen Umstand erheblich erschwert werden. Ganz ohne baufachliche Kompetenz schlage ich diesbezüglich vor, den Sektor einfach mittels Stahlkonstruktion spielfeldseitig 30-40 Zentimeter zu verbreitern – das ist eine bauliche Maßnahme, die den Stadionbesuch für viele Sturmfans durch nur geringen Kostenaufwand unproblematischer macht.

Das Liebenauer Stadion hat seine besten Tage hinter sich und es muss nun endlich Geld in die Hand genommen werden, damit es wieder auf Vordermann gebracht werden kann. Der SK Sturm hat der Stadt, ihren Bürgern, ja, der gesamten Steiermark schon viele schöne Momente beschert und Graz ein ums andere Mal ins Rampenlicht gerückt. Der Verein und seine Fans haben es verdient, dass dem Profifußball in der Landeshauptstadt endlich optimale Voraussetzungen geboten werden!

12 Kommentare

  1. Juran sagt:

    Und selbst wenn alles im Stadion hergerichtet wird, und wirklich zu einen modernen Stadion umgebaut wird.
    Sturm würde das Finanziell keinen Millimeter weiter bringen, wenn nicht sogar durch höherer mietkosten uns das Stadion noch teurer kommen wird als jetzt.

    Der ganze umbau des Stadion hat ohne einer langjährigen Pacht für Sturm genau keinen sinn, weil wir uns nur dadurch wirklich Finanziell weiterentwickeln können und das Budget erhöhen können.

    Keine Frage das nach langen Verhandlungen jetzt zumindest einmal die 12 Mio. investiert werden ist natürlich ein erster Schritt, aber den Verein bringt das noch nichts.

    Wir brauchen ganz einfach neben den Umbau auch eine langjährige Pacht damit wir uns mit dem Stadion weiterentwickeln können, und wir so Konkurrenzfähig bleiben können.

  2. BernhardDieter sagt:

    Der Rasen, jede Schulwiese ist wohl im besseren Zustand, bekommt von mir ein lupenreines „Nicht Genügend“, der Artikel wieder mal eine 1. Es ist erfrischend, dass es endlich ein Medium gibt, welches die Misstände gnadenlos aufzeigt. Ab jetzt präferiere ich absolut diese Seite, da es ein Gegenpol zur Haus- und Hofberichterstattung ist. Nur weiter so Jungs und Mädels! Dem Kollegen über mir sei gesagt, dass er es einmal mit einem Wörterbuch versuchen soll. Eine Farce diese Orthographie und Grammatik.

  3. zilkowicht sagt:

    Da sieht man eben wieder mal dass sich die ÖVP einen Dreck um den Sport in Graz schert, auch wenn sie das so gerne propagieren.
    Fakt ist: eine Linkspartei ist die einzig Wählbare Alternative, damit sich endlich was bewegt!

  4. wama sagt:

    Wieder ein toller Artikel, der die Missstände der letzte Jahre sehr gut zusammenfasst, Kompliment!
    Blickt man in die Zukunft, sehe auch ich nur zwei sinnvolle Lösungen:
    Man überlässt Sturm endlich langfristig die Pacht oder man stellt ein neues Stadion auf die Beine, an dem sich Sturm nebst Bund, Stadt und Land und eventuellen privaten oder industriellen Investoren finanziell beteiligt, natürlich mittels langfristiger Kredite. Der Sinn einer privaten oder industriellen Beteiligung wäre in selbstdefinierten (Sky)boxen, in beruflich nutzbaren, auch weitervermietbaren Veranstaltungs- und Meetingräumen, …zu finden, alles nicht neu, aber durchaus verwirklichbar.
    Selbst Stadt und Land könnten zum Beispiel einen Teil ihrer (Sport)verwaltung,… hierher auslagern und somit anderswo Kosten einsparen.
    Für mich die klar sinnvollste Lösung für zumindest 10 – 15 Jahre.
    Wo dieses Neuobjekt allerdings stehen soll, ist auch mir nicht klar, ich bin mir aber sehr sicher, dass ein Totalumbau wie zuletzt in Liebenau, wohl schwieriger wäre, vor allem weil Sturm ja kein Ausweichstadion hätte.

  5. ultrasneverdie sagt:

    ein neues stadion würde nur sinn machen, würde es wieder im herzen von graz sein. ultralange anreisewege für die stadtbevölkerung sind zu vermeiden.

    @zilko: im punkt der övp stimme ich dir zu. das ist alles nur gerede! in graz kann man nur rot oder rot wählen, um in fussballerischer sicht eine lösung zu finden!

  6. Kingkurt sagt:

    Kaum vorstellbar dass zwei Vereine den Platz bespielen können, sollte der GAK wieder soweit sein, sogar die Zeugen Jehovas dürfen uber den Platz trampeln, ganz zu Schweigen von den Auftritten der Footballer

  7. Rene90 sagt:

    Top Artikel
    politische Äußerungen, haben meiner Ansicht nach, hier nichts zu suchen

    • Arch Stanton sagt:

      Es werden im Artikel der Bürgermeister und ein KPÖ Gemeinderat namentlich erwähnt, da darf man seinen Standpunkt auch in Sachen Politik zumindest andeuten, bin aber grundsätzlich Deiner Meinung.
      Und der Artikel ist zweifellos top!

  8. Rockstar sagt:

    Super Artikel! Die Angelegenheit mit dem Rasen verkommt ja zur Farce, kann doch jeder erkennen dass dieser Platz im „Arsch“ ist und ausgetauscht gehört. Die Wiederherstellung des „gewohnten Standard“ wie der Verantwortliche zitiert wird, kann keinesfalls das Ziel sein, empfinde ich sogar als Frechheit, und ist einem professionellen Team unwürdig.

  9. nuvola sagt:

    Super Artikel!

  10. realistic sagt:

    Jo genau… Is ja lächerlich meiner Meinung nach sollte auch rasch und zielführend gehandelt werden. Bei den Gemeinden hat man sich auch über den Willen der Bevölkerung hinweggesetzt. Bei unserem Problemfall sieht die Politik keinen Nutzen für sich, deshalb wird das abgewürgt. Scheissegal was richtig wäre. P.s. Mal ehrlich was kann denn die Linkspartei, ausser kräftig Schulden machen und von der Realität so weit entfernt zu sein wie die Erde vom Mond!!!

    • Adrian Pennino sagt:

      naja, Hypobank und Eurofighter – die san net grad am mist der Linksparteien gwachsn

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