„Die Gruabn ist identitätsstiftend“

Ein Interview mit Josef Schuster von der Gruabn-Initiative

Im Rahmen einer Lehrveranstaltung an der Karl-Franzens-Universität in Graz ging es darum, den Aspekt des Gebens und Nehmens und die kulturelle Symbolik ökonomischer Prinzipien zu erforschen. Passend dazu fokussierte ich mich auf den Teilbereich der Crowdfunding-Projekte. Keines der diversen Projekte wäre als Sturmaficionado eher geeignet als die Initiative zum Erhalt der Gruabn-Holztribüne. Zu diesem Zwecke habe ich mich mit einem der drei Initiatoren getroffen. Hervor ging ein umfangreiches Gespräch mit Josef Schuster, welches wir unseren SturmNetz-Lesern nicht vorenthalten möchten. Der Legendenstatus von Mario Haas, der Projektverlauf, Serkan Ciftci und eine mögliche Ivica-Osim-Straße sind ebenso Thema wie das zukünftige Vorgehen, die Machenschaften eines Ex-Präsidenten und Otto Konrad. Viel Spaß beim Lesen!

Magst du mir zu Beginn deine Lieblingserinnerung an die Gruabn schildern? Oder wann du das erste Mal überhaupt in der Gruabn warst?

Das ist bei mir relativ spannend. Ich bin derjenige von den drei der Gruabn-Initiative, der nie ein Bewerbsspiel von Sturm in der Gruabn gesehen hat. Beim Benjamin Sikora war es ein Match, der Markus Hatzl war ganz oft in der Gruabn. Daher ist mein Favourite-Moment in der Gruabn ganz schwierig zu benennen. Ich habe einmal die Amateure in der Gruabn spielen gesehen, das war legendär. Serkan Ciftci, 21. Minute, Kreuzbandriss. Saisonende, wie man glaubt, er ist dann aber noch zurückgekommen für die Profis, hatte ein Tor und eine Torvorlage in 77 gespielten Minuten- das war eine Weltklassesaison von Serkan Ciftci. Deswegen habe ich auch ein Trikot mit seinem Namen daheim, da habe ich eine Wette gewonnen – daher der Name am Trikot. Aber mein Favourite-Gruabn-Moment war eindeutig der Legendentag 2017 am 1. Mai. Das war unglaublich, wir haben nicht gewusst, ob die Leute wirklich kommen, haben die Tickets ja teilweise verlost. Kommen alle, an die wir Tickets verkauft haben? Kommen die Sponsoren? Das war die eine Geschichte. Die andere Geschichte war, ob das Wetter hält, ob alles so passt, wie wir das eingerichtet haben. Und dann kommen so Blitzlichter an den Tag, wie zum Beispiel ein Otto Konrad, der aus Salzburg zweieinhalb bis drei Stunden im Auto sitzt, damit er für maximal eine Stunde in der Gruabn ist, um dann zu einem nicht verschiebbaren Termin nach Hause zurückzufahren. Aber der kommt zu uns, in die Gruabn, weil es ihm so wichtig ist. Und dann sagt er, zu sehen auf SturmTV, wie er quasi Tränen in den Augen hat, wenn er da in der Gruabn steht. Er war ja als Heimischer und auch als Gegner hier, daher war das für ihn doppelt so beeindruckend. Oder ein Günter Kreissl, den man nicht auf diverse 7:0-Partien in der Gruabn ansprechen sollte und die 98er-Mannschaft. Natürlich war das abgehaltene Match irrelevant, wo Ivo Vastic im letzten Moment noch zusagen konnte. Das war ein großartiger Tag mit so vielen Emotionen. Seit diesem Tag, es sind mittlerweile ja mehr als zwei Jahre seither vergangen, habe ich als Facebook-Titelbild das Bild von der 98er-Mannschaft, der Crowdfunding-Mannschaft und der Gruabn-Initiative. Dahinter die vollgesteckte Holztribüne mit Anhängern aus der Kurve, die mit Pyrotechnik und allem, was dazugehört, richtig Gas geben.

Wie kommt man eigentlich darauf, zugegebenermaßen provokant gesagt, ein Stück Holz retten zu wollen?

Indem mich der Benni Sikora anruft und sagt, dass man die Gruabn-Tribüne abreißen wolle und ich darauf antworte: „Das geht net! Ich hab dort Sturm nie live gesehen, daher geht das net.“ Über den GSC haben wir mitbekommen, dass da was passieren soll. Das wurde zuerst in unserer Runde besprochen, danach hat sich relativ schnell herausgestellt, wer von uns wirklich dieses Projekt begleiten möchte.

Also waren zuerst mehrere Personen involviert?

Am Anfang waren wir ein größeres Team, quasi unsere Stadionrunde. Die gehören auch jetzt noch dazu, das sind Leute, die helfen einem, wenn man etwas braucht. Sei es der Kinoabend mit den Legenden, Sammelaktionen und so weiter. Das sind die Leute, die uns unterstützen und helfen, auf die wir immer zurückgreifen können. Das Kernteam um Benni und mich hat sich dann relativ schnell herauskristallisiert. Einerseits, weil er die absoluten Connections zum Verein und die historische Innensicht hat. Ich, weil ich die benötigten politischen Beziehungen habe – als Gemeinderat einer Grazer Umlandgemeinde kennt man doch den einen oder anderen Entscheidungsträger. Das hilft ungemein, auf diese Kontakte zurückgreifen zu können. Daher kümmere ich mich um die offiziellen Kontakte. Wir haben schnell gewusst, wir müssen das Kollektiv 1909 ins Boot holen. Denn wir kennen alle die Schlagkraft der Kurve sehr gut, aber Grund war auch dieses unglaubliche Potential, welches in der Kurve vorhanden ist. Da haben dann auch alle schnell gesagt, dass der Markus Hatzl wegen seiner Persönlichkeit und auch aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit (Event Manager) ideal ins Team passen würde. Dadurch hat er auch ein starkes Netzwerk und das Know-how, so ein Event durchzuziehen. Da können wir wirklich froh sein, uns gefunden zu haben. Alle drei decken unterschiedliche Bereiche ab, aber es vereint uns das Interesse, dieses absolute Juwel zu erhalten.

Die von Josef Schuster angesprochene Szene – © SturmNetz

Seit wann gibt’s die Initiative?

Wir haben im Frühsommer 2016 angefangen. Da hat der Benni das erste Mal mitbekommen, dass da was am Laufen ist. Über den Sommer haben wir begonnen, uns zu koordinieren. Danach haben wir bereits angefangen, uns mit dem Gemeinderat zu treffen, mit den verschiedenen Parteien und den Sportsprechern der Politik. Irgendwann haben wir dann gemerkt, wir müssen das professioneller machen. Wir haben dann den Verein gegründet und sind irrsinnig schnell auf Sturm Graz zugegangen, haben mit ihnen geredet. Wohlwissend, dass die Gruabn nicht Priorität eins hat, ist es uns dennoch sehr gut gelungen, das hat man dann am 1. Mai schon gemerkt, dass der Verein sein großes Interesse an der Gruabn wiederentdeckt hat. Zum Beispiel das Team um Daniel Oswald von der Kantine, die uns mit der Gastro geholfen haben, oder der Bruno Hütter, der den ganzen Tag ausgeschenkt hat. Und auch weitere Personen, die uns in der Vorbereitung einige weitere wichtige Kontakte ermöglicht haben. Da merkt man schon, dass auch die Vereinsverantwortlichen selbst, sei es der Präsident oder der Geschäftsführer Wirtschaft, uns unterstützen, wenn wir einen runden Tisch oder ähnliches veranstalten.

Magst du erklären, was ein Crowdfunding-Projekt im Allgemeinen ist? Wo liegen die Vor- und Nachteile?

Ausgangssituation war ein Fanprojekt von FC Carl Zeiss Jena. Das wäre dort so gewesen, dass der Heimfansektor auf die andere Seite des Stadions wechseln hätte müssen, das hatte polizeiliche Gründe, wegen der Auswärtsfans hauptsächlich. Da haben die Fans gesagt: „Nein, wir sammeln was, damit wir unseren Sektor behalten können“. Dieses Projekt ist so durch die Decke gegangen, durchgeführt durch 1000×1000.at – einem Grazer Unternehmen. Die sind sogar, soweit ich mich richtig erinnere, auf uns zugekommen. Insgesamt ist das einfach eine sehr gute Option, da du dadurch selbst als Spender steuern kannst, wie viel du gibst. Und derjenige, der die Spende erhält, kann seine Ziele super erklären und darstellen. Du kannst beispielsweise sagen, ab 10 Euro gibt’s das, ab 50 Euro gibt’s das. Da kann man die klassischen Goodies einsetzen.

Was sind das für Goodies?

Zum einen eine Eintrittskarte zum Gruabn-Legendentag, ein anderes war ein Platz in der Crowdfunding-Mannschaft. Um 1.909 Euro hätte man sich zwei Trainingsplätze bei einem Training inklusive Trainingsspiel bei Sturm Graz ersteigern können, das hat nur leider niemand gemacht. Weiters waren auch noch Dinge dabei, wie ein Meet and Greet, eine Karte zum Kinotag und so weiter. Wir hatten auch Spenderwetten, wie zum Beispiel, wenn wir bis Sonntagabend 100 Spender auf dem Crowdfunding-Projekt haben, wird eine Summe von 1.000,00 EUR fürs Projekt gespendet. Das sind alles Dinge, mit denen man eine solche Sache attraktiver machen kann.

Bezüglich der Unterstützer, gibt es da weitere Personen oder Organisationen, die du hervorheben möchtest?

Es gibt natürlich Personen und Unternehmen, die sehr viel spenden, es aber nicht an die große Glocke hängen möchten. Beispielsweise gibt es da eine steirische Größe, ein kurvenaffiner Grazer, der österreichweit unterwegs und richtig angesagt ist, aber anonym bleiben wollte. Dem war es aber eine solche Herzensangelegenheit, dass er das Projekt natürlich unterstützen wollte. Es ist schwierig, große Spender zu nennen. Man kann natürlich sagen, der Verein selbst, der uns 5.000 Euro Cash hinlegt und 20.000 bis 25.000 Euro an Value zur Verfügung stellt, ist schon enorm. Wir haben Werbebanden bekommen, Durchsagen im Stadion, waren auf der Vereinswebsite. Solche Dinge sind ein riesiger Werbewert, auf die der Verein zu Gunsten der Initiative verzichtet hat. Das war natürlich eine ganz große Unterstützung. Aber wenn man auch nur einen Fünfer oder ein paar Cent beim Stadion in die Spendendose gegeben hat, hat man einen großen Teil dazu beigetragen, dass wir ein Projekt machen können, welches in Österreich einzigartig ist. Wer hat sonst versucht, ein Tribünendach zu retten? Man muss auch dazusagen, die Gruabn-Tribüne ist in Österreich einzigartig. Es gibt nämlich keine Holztribüne, die seit 1934 durchgehend bespielt ist und immer noch steht. Daher ist sie die älteste Holztribüne Österreichs und vermutlich auch Mitteleuropas. Daher hat die Tribüne ein ganz großes Alleinstellungsmerkmal, eben aufgrund der Tatsache, dass sie schon so lange steht und unbeschadet ist.

Magst du den Projektverlauf näher beschreiben?

Wie gesagt war der Beginn der ersten Treffen im Frühsommer 2016, Koordinationstreffen – was machen wir, wie tun wir weiter, dann sind die politischen Treffen angelaufen, das hat schon eine Zeit lang gedauert. Ab Spätherbst 2016 haben wir damit begonnen, mit der Crowdfunding-Firma zusammenzuarbeiten, sind online gegangen, nebenher die Aktionstage bei den Heimspielen, Spendenboxen bei den Auswärtspartien, die wir immer dabeigehabt haben, die Facebook-Seite benutzten wir, um das Projekt zu bewerben. Verschiedenste Versteigerungen nebenher wurden auch ins Projekt integriert und wir haben das Hauptaugenmerk auf den Gruabn-Legendentag am 1. Mai 2017 gelegt. Auch der Kinoabend im Annenhof wurde absolviert, wo wir die 100 Jahre Sturm-DVD mit Legenden angesehen haben, aber auch mit aktuellen Spielern und Vereinsverantwortlichen. Nebenher haben wir noch diverse Medientermine gehabt, in welchen wir auch immer wieder auf das Projekt verwiesen haben. Beim Sturm-Mitgliederabend, haben wir den Mitgliedern das Projekt nochmals näher ans Herz gelegt. Danach ist relativ wenig passiert, da wir schon viel erreicht haben, wir einen kleinen verständlichen Durchhänger hatten und die Mühlen in der Politik sehr langsam laufen. Dann haben wir uns gesagt, dass wir uns wieder intensiver damit auseinandersetzen müssen. Es folgten mehrere Termine mit der Stadt Graz und der GBG. Da ist herausgekommen, dass wir ein statisches Gutachten benötigen, um mit dem Erhalt der Tribüne weitermachen zu können. Sehr lange haben wir nach einem Statiker gesucht und gleichzeitig mit dem Bundesdenkmalamt zusammengearbeitet.

In welchem Zeitraum bewegen wir uns da?

Das war zirka von Mai 2017 bis Mai 2019. Ein Großteil des Inhalts war da die Suche nach dem Statiker und Termine mit der Stadt, um zu überprüfen, wer was machen darf. Wir brachten alle Verantwortlichen an einen Tisch. Danach ging es auch schon an das statische Gutachten, das ist sich jedoch leider nicht zum 100-Jahre-Jubiläum der Gruabn vergangenen Mai ausgegangen, das hätten wir dort schon gerne gehabt. Mittlerweile gibt’s aber dieses Gutachten und auf dieser Basis kann man jetzt weiterarbeiten. Jetzt gilt es, wieder alle Entscheider an einen Tisch zu bringen, sprich Stadt, Sportamt, GSC, Sturm Graz und das Bundesdenkmalamt. Das langfristige Ziel ist einfach, dass die Tribüne ein schützenswertes Objekt darstellt.

Glaubst du, das ist realistisch?

Würde ich das nicht glauben, würde ich nicht hier sitzen. Auch für mich ist es wichtig, dass die Gruabn erhalten bleibt. Aus dem einzigen Grund, weil die Gruabn zu Sturm dazugehört wie die Farben Schwarz und Weiß. Und mein großer Traum ist es, dass die Jugend-, Damen- und vor allem Amateurspiele in der Gruabn stattfinden können. Der Standort Messendorf ist gut, die Infrastruktur passt, die Kantine wird bestens bewirtet, alles ist großartig, aber die Gruabn ist identitätsstiftend. Vor allem für die Amateure ist es wichtig, diese Verbindung mit dem ursprünglichen Stadion des Vereins zu haben und dass diese Heimat erhalten bleibt. Rapid hat die Pfarrwiese nicht mehr, dieser neugegründete Verein aus dem Norden der Stadt hat die Körösistraße nicht mehr, aber die Gruabn ist noch vorhanden.

© Martin Hirtenfellner – Fotografie

Was sind die nächsten Schritte, die ihr setzen wollt?

Der nächste Schritt ist, mit dem statischen Gutachten in der Hand baulich etwas zu tun. Wir haben genau aus diesem Grund Geld gesammelt, jetzt müssen wir schauen, ob dieses Geld auch reicht für die nötigen Aufwendungen. Genaues aus dem Gutachten kann und will ich noch nicht verlautbaren, weil wir zuerst mit den Eigentümern und der Stadt sprechen müssen. Für das Tribünendach schaut es ganz gut aus. Die Oberflächensanierung ist aber dringendst nötig, die Sitzbänke genügen dem Standard eher nicht mehr, die Betonstufen brauchen Überarbeitung, die Sanitäranlagen sind kaum vorhanden, die Spielerplätze gehören unbedingt saniert. Das müssen wir noch abklären: Wer macht was? Wie viel Budget kann man in welchen Bereich fließen lassen? Wo liegen die Zuständigkeiten? Es ist klar, dass das gespendete Geld auch dort ankommen muss, wofür es gedacht ist. Wir sind auch davon überzeugt, dass man mit diesem Gutachten und der Entscheidung des Vereins, der Besitzer, einen Konsens finden kann, um mit der zweiten Finanzierungswelle zu starten. Wir haben nämlich noch durchaus Personen und Organisationen in der Hinterhand, die bereit wären, zu spenden, aber diese erste Welle abwarten wollten, um das Risiko zu minimieren. Keiner gibt gern Geld her, wenn dann „nichts“ passiert. Das ist selbstverständlich. Mario Haas beispielsweise fragt mich seit zwei Jahren bei jedem Treffen, was nun mit dem Tribünendach passiert – und das kann ich auch durchaus verstehen. Das zeigt mir schon, dass unsere Initiative in den Köpfen der Menschen, die sich mit dem Verein auseinandersetzen, verankert ist. Auch wenn jetzt eine Zeit lang nichts passiert ist, ist dennoch viel da. Der nächste Schritt ist ein runder Tisch mit den Verantwortlichen, um Entscheidungen zu treffen. Am liebsten wäre es mir natürlich, wenn Sturm eine Summe X auf den Tisch legt, damit man dann sagen kann: „Passt, jetzt gehört die Gruabn wieder uns. Ihr habt auch das Geld, wir sanieren das Ding jetzt.“ Das wäre das Einfachste, aber leider auch die Variante, die nicht so einfach zu realisieren ist. Man kann nicht jede Saison einen Peter Zulj verkaufen.

Warum ist dieses Projekt erst so „spät“ realisiert worden?

Das hat bestimmt damit zu tun, dass die Gruabn in einer Nacht- und Nebelaktion verscherbelt worden ist, und zwar von einem gewissen Ex-Präsidenten. Die Geschichte ist die, dass die Gruabn laut diversen Beschlüssen der Generalversammlungen nicht ohne einen Beschluss eben einer solchen General- und Mitgliederversammlung verkauft werden darf. Dieser Beschluss ist jedoch nicht mehr auffindbar. Das sind dann diese Kleinigkeiten, wenn man weiß, für welchen Pappenstiel die Gruabn den Besitzer gewechselt hat, die es so schmerzhaft machen. Da war dann die Gruabn einfach nicht mehr im Verein und der Fokus wurde auf andere Dinge gelegt wie zum Beispiel die Sanierung vom Trainingszentrum in Messendorf, teilweise finanziert durch den Verkauf von Sebastian Prödl, welche absolut notwendig war.

Gehen aktuell noch Spenden ein?

Das Crowdfunding ist abgeschlossen, da geht nichts mehr ein. Die Kontonummer ist noch dieselbe, da können Leute noch spenden, da ist aber auch schon länger nichts mehr eingegangen. Wir haben am Gruabn-Tag am 1. Mai gemeinsam mit der Initiative Sturmstadion Liebenau wieder auf uns aufmerksam gemacht, aber natürlich nicht in diesem aktiven Maße wie in den vergangenen Jahren.

Kannst du einem Nicht-Fußballfan erklären, was den Reiz an dem Projekt und dem Stadion an sich ausmacht?

Einerseits ist es definitiv die Lage, die die Gruabn in der Stadt hat. Sobald man in die Gruabn kommt, ist man nicht mehr in der Stadt, sondern in einem kleinen, feinen herausgehobenen Bereich, wo es schön ruhig ist, außer die Tramwax Funatics machen eben Stimmung. Es ist eine angenehme Möglichkeit, sich zurückzuziehen, zu sehen, ja, man ist auf einem Fußballplatz, aber insgesamt in einer kleinen Oase. Es ist eben ein Grünfleck in einem dichtverbauten Gebiet wie Jakomini. Natürlich ist es auch für historisch interessierte Personen, die Ahnung haben, was in Graz Mitte des 20. Jahrhunderts los war und wissen, wie viele Bomben auf Graz gefallen sind, spannend. Es ist nicht unwesentlich, dass der bombardierte Ostbahnhof zwar in Schlagdistanz liegt, aber der Gruabn nichts passiert ist. Dieser spannende historische Aspekt, dass das Stadion in dieser Zeit unversehrt blieb, ist sicher etwas Besonderes. Es ist die Nostalgie, die die Gruabn versprüht, man fühlt sich zurückversetzt in die Anfänge des 20. Jahrhunderts. Man muss gar nicht großartig auf die fußballerischen Errungenschaften Sturms in der Gruabn eingehen, sondern sich einfach nur daran erinnern, wer dort schon alles aufgespielt hat – die Identitätsstiftung eines ganzen Fußballvereins und dadurch auch der Stadt. Und wenn zum 100-jährigen Bestehen eines Fußballplatzes, in dem ein Verein spielt, der in der untersten Spielklasse des Landes vertreten ist, eine ganze Ausstellung im Graz-Museum gibt, dann ist das einfach etwas ganz Besonderes. Dann ist das nicht nur für einen Verein, sondern auch für die ganze Stadt Teil der Identität. Die Gruabn gehört zu Graz wie der Schloßberg, das Zeughaus, der Dom und das Schloss Eggenberg zu Graz gehören. Dementsprechend ist die Gruabn durchaus Teil der Identität.

Ist es möglich, ein ähnliches Projekt zu starten, bezüglich einer Ivica-Osim-Straße in Graz oder vergleichbarem?

Da kann ich aus der politischen Sicht plaudern, ich habe nämlich schon öfters mit den jeweiligen Entscheidungsträgern gesprochen, die allesamt der Meinung waren, Ivica Osim sollte, wie auch immer, in der Stadt Graz geehrt werden. Das Problem ist nur, dass die Stadt sich mit dem Arnold-Schwarzenegger-Stadion damals derart die Finger verbrannt hat, dass es einen Grundsatzbeschluss gibt, dass keine lebenden Personen mehr namentlich geehrt werden. Das ist das einzige Problem, warum Graz noch immer keine Ivica-Osim-Straße hat. Aber auch Grundsatzbeschlüsse könnten anders aufgefasst werden und ich glaube auch nicht, dass bei Ivica Osim irgendwelche Probleme auftreten könnten, nur leider ist es so, dass es bei der Stadt Graz so beschlossen wurde.

Abschlussfrage: Die Lehrveranstaltung heißt Geben und Nehmen (…) – Was gibt die Gruabn und was nimmt man davon in weiterer Folge auch umgekehrt?

Wir nehmen Geld und geben Identität als Initiative. (lacht) Zugegebenermaßen ist das salopp formuliert. Was wir bieten können, ist die Möglichkeit, sich aktiv daran zu beteiligen, ein Stück der Grazer Stadtgeschichte und ein Stück der Grazer Fußballidentität zu erhalten. Was wir brauchen ist zu 90 % finanzielle und zu 10 % arbeitstechnische Unterstützung. Die Gruabn nahm die letzten Jahre sehr viel Zeit in Anspruch, gibt aber irrsinnig viel Nostalgie, schöne Gefühle, einen enormen Drive. Die Schwoazen habe ich nie in der Gruabn spielen gesehen, das muss noch passieren.

© Martin Hirtenfellner – Fotografie

3 Kommentare

  1. saurons_mouth sagt:

    Ich sage Danke für das Gespräch!

  2. Marchanno Diaz Rabihou sagt:

    Und heute fahre ich oft absichtlich einen kleinen Umweg, um auf die Tribüne zu schielen, beim Gästesektor vorbei – Gänsehaut, kanns nicht erklären….. Muss daran liegen, dass ich damals auch im Regen hin und retour fast 100km mit der Puch Maxi gefahren bin, auch fürs Mittlere Play Off.

  3. johannesleopold sagt:

    schöner artikel/interview, danke!
    solche geschichten machen sturm unter anderem aus…

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