Die Ältesten und Lautesten, aber dennoch nur auf Platz drei

Spielvorschau: SK Sturm Graz vs. Besiktas Istanbul

Istanbul, das bedeutet nicht nur Moscheen, die Hagia Sophia, Trubel und Wasserpfeifen sondern auch eine Stadt der Gegensätze und der kulturellen Vielfalt. Es gibt ein altes und ein neues Istanbul. Hier faszinieren historische Monumente, dort die Clubs, Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten. In der türkischen Metropole lebt die Vergangenheit in der Gegenwart und es ist die einzige Stadt, die auf zwei Kontinenten liegt.

Doch trotz dieser Vielfältigkeit, gibt es wohl kaum ein Thema, dass die Stadt so prägt wie der Fußball. In Istanbul sagt man sich, dass nach den Fragen "Verheiratet?" und "Wie viele Kinder?", schon die alles entscheidende Frage gestellt wird, nämlich zu welchem Fußballverein man hält. Und ist jede Antwort auf die ersten beiden Fragen eigentlich belanglos, könnte eine falsche Reaktion auf die dritte Frage im falschen Viertel äußerst negative Folgen haben.

Der Bosporus verbindet Europa und Asien, aber er trennt die Fußballfans. Der 1903 gegründete Besiktas Jimnastik Kulübü, aus dem gleichnamigen Arbeiterstadtteil am europäischen Ufer der Meerenge, ist der älteste Verein. Zwei Jahre später gründete die sogenannte bessere Gesellschaft am noblen Galatasaray Lycee, mitten im europäischen Herzen der Stadt, den Galatasaray Spor Kulübü. Der neureiche Emporkömmling aus Asien, Fenerbahce, ist der "jüngste" der "Big Three", und wurde immerhin noch zwei Jahre vor dem Sportklub Sturm, 1907, gegründet.

besiktasAls Anhänger von Sturm Graz sprechen einem die wunderbaren schwarz-weißen Farben von Besiktas am ehesten an. Doch das Rot inmitten des Wappens verstört den Betrachter dann doch. Der Grund hierfür ist allerdings kurios: Die Mannschaft von Besiktas repräsentierte als bisher einzige Klubmannschaft das türkische Nationalteam in einem Länderspiel, und zwar am 16. Mai 1952 gegen Griechenland (0:1), wonach ihr vom nationalen Fußballverband die türkische Flagge auf dem Vereinsemblem verliehen wurde. Die Vereinsfarben der "schwarzen Adler" waren ursprünglich sogar patriotisch, rot-weiß. Nach der Niederlage des Osmanischen Reichs in den Balkankriegen 1912 wurde aus rot-weiß, als Zeichen der Trauer, schwarz-weiß.

Während es in Österreich schon ab dem Jahr 1911 so etwas wie Profifußball und eine Liga gab, lag der türkische Fußball jahrzehntelang in einem Dornröschenschlaf. Die erste reguläre Meisterschaft wurde erst 1959 ausgetragen. War Besiktas in der Premierensaison noch gar nicht für die höchste Liga qualifiziert, so konnte man bereits ein Jahr später den ersten Titel einfahren. Mit der Ausnahme Trabzonspor, der zwischen 1976 und 1984 einige Meistertitel für sich entscheiden konnte, wechseln sich ansonsten die drei großen Istanbuler Vereine in schöner Regelmäßigkeit als nationaler Champion ab. Mit 13 Meistertiteln liegt Besiktas (Galatasaray 20, Fenerbahce 19) dabei allerdings abgeschlagen auf Platz 3. 2010 konnte Bursaspor als einzige Mannschaft neben Trabzonspor diese Triumvirat stoppen und entführte 26 Jahre nach den Hafenstädtern aus Trabzon den Meistertitel wieder aus der Hauptstadt in die Provinz.

Steht der Verein keineswegs für große internationale Erfolge – lediglich 2003 erreichte man das UEFA-Pokal-Viertelfinale – haben sich die Fans, aus unterschiedlichsten Gründen, sehr wohl auch über die Landesgrenzen hinweg, einen Namen gemacht. So wurde im mittlerweile abgerissenen Inönü-Stadion während eines Spiels gegen den FC Liverpool mit 132 Dezibel der Welt-Lautstärke-Rekord in Fußballstadien aufgestellt und die Ultragruppierung Carsi ist eine der bekanntesten auf der Welt: 1982 gegründet, hochpolitisch, fanatisch und hochexplosiv. Ihr Erkennungssymbol ist ein umrundetes A für Anarchie. Neben Begeisterung und Support sind auch soziale Projekte in verschiedenen Lebensbereichen ein wesentlicher Bestandteil. Offiziell erklärte die Gruppe 2008 ihre Auflösung, doch gänzlich von der Bildfläche sind sie bis heute nicht verschwunden. So waren im September 2014 Carsi-Mitglieder treibende Kräfte bei den Protestbewegungen gegen Premierminister Erdogan am Istanbuler Taksim-Platz.

Der letzte Meistertitel von Besiktas stammt aus der Saison 2010/2011, die letzte Spielzeit beendeten die Adler fast standesgemäß hinter Galatasaray und Fenerbahce auf Rang drei. Im aktuellen Kader findet man nicht allzu viele, auch hierzulande bekannte Spieler. Lediglich Österreich-Export und Peter Linden-Intimus Veli Kavlak (zurzeit angeschlagen), der seit 2011 bei Besiktas tätig ist, und der in diesem Sommer von Hoffenheim verpflichtete ehemalige deutsche Ex-Nationalteamspieler Andreas Beck, sind auch bei uns große Namen.

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Gordon Schildenfeld
(CC By Sa SK Sturm Fan)

 

Blickt man in die Historie des Vereins, kann man jedoch sehr wohl Spieler mit Sturm-Bezug ausfindig machen. So wechselte im Sommer 2009 ein gewisser Gordon Schildenfeld von Besiktas zu Sturm, um nach Erringen des Meistertitels 2011 Graz wieder Richtung Frankfurt zu verlassen. Und auch der türkischstämmige Kurde Ekrem Dag, der sich zwischen 1997 und 2005 von der Nachwuchsabteilung der Blackies in die Kampfmannschaft hocharbeitete, absolvierte zwischen 2008 und 2012 91 Ligaspiele für die Schwarz-Weißen aus Istanbul.

Spieldaten
SK Sturm Graz – Besiktas Istanbul
Mittwoch, 22.07.2015, 19:00 Uhr, UPC-Arena

Mögliche Aufstellung
Sturm Graz (4-2-3-1)
Esser; Potzmann, Spendlhofer, Madl, Klem; Grupp, Piesinger; Schick, Avdijaj, Dobras; Tadic

Ersatz
Schützenauer; Ehrenreich, Kamavuaka, Schoissengeyr, Lykogiannis, Lovric, Hadzic, Offenbacher, Schmerböck, Gruber, Edomwonyi, Kienast

Es fehlen
Stankovic (Kreuzbandriss), Rosenberger (Kreuzbandriss), Gratzei (Fieber), Schnaderbeck (Hüftprobleme)

Live-Ticker
Es wird einen SturmNetz.at Live-Ticker geben

4 Kommentare

  1. gruabn sagt:

    Die Hauptstadt der Türkei ist Ankara nicht Istanbul. 😉
    LG Besserwisser

  2. zuggi68 sagt:

    Ein Quaresma und Ghökan Töre wären doch auch schon noch bekannt 😉

  3. ultrasneverdie sagt:

    eure artikel stehen denen von sturm12 wirklich in nichts nach – ich gratuliere.

    eine geschichtliche kolumne wäre ultrageil (vielleicht mithilfe eines sturm historikers)

    ultras never die

  4. Günter Ko sagt:

    Ich Dolm. Ich red mich jetzt raus: Ich hab selbstverständlich die fußballerische Hauptstadt der Türkei gemeint.Aber danke für den Hinweis, ausbessern tu ich es jetzt nimmer. Das wäre noch peinlicher.

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