Die Abwehr

Wintercheck 17/18 – Teil 2/4

Aufgeteilt auf vier wunderbar knackige Ausgaben werden wir euch in den nächsten Tagen ein kleines Zwischenfazit über jeden eingesetzten Spieler der Blackys liefern. Hier fließen die durchschnittlichen Noten aus allen Leserzeugnissen, Spieldaten sowie unsere subjektive Meinung mit ein. Wir wünschen viel Spaß!

Foto © Martin Hirtenfellner Fotografie

Die Innenverteidiger

Dario Maresic (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,06)

Scheinbar hat Gott/Allah/Morgan Freeman am siebten Tage doch nicht geruht, sondern einen Innenverteidiger konfiguriert, der im Jahre des Herren 1999 nach Graz heruntergestiegen ist, um den Sportklub Sturm Graz zu beehren und zu erleuchten. Nach einigen vielversprechenden Partien in der letzten Saison ist der Stern des Dario Maresic über der Steiermark heuer endgültig aufgegangen. Der junge Bursch ist echt stark, das hat auch unsere fachkundige Leserschaft erkannt, immerhin habt ihr den Achtzehnjährigen zu eurem „Spieler des Herbstes“ gewählt. Nach einem fulminanten Saisonstart (mit drei Ernennungen zum Man of the Match in den ersten vier Einsätzen) pendelte sich Maresic auf dem Niveau ein, das wir von Innenverteidigern in diesem Alter seit Sebastian Prödl nicht mehr gesehen haben. Natürlich waren im Herbst auch schwächere Partien dabei, besonders beim Debakel gegen den Herbstmeister machte er – wie die gesamte Abwehr – keinen guten Eindruck, aber trotzdem, der Typ ist Achtzehn! Auch einzelne Rückschläge wie das Eigentor gegen Fenerbahce konnten ihm auf längere Sicht nichts anhaben. Mit 65% gewonnenen Zweikämpfen rangiert Maresic an der Spitze der Grazer Innenverteidiger, auch 83% angekommene Pässe sind ein guter Wert, besonders da Maresic immer wieder versucht, von hinten das Offensivspiel einzuleiten. Alles könnte so schön sein, würde sein Vertrag nicht mit Ende der Saison auslaufen. Nachdem im Laufe des Herbstes einige unschöne Details über Vertragsverhandlungen mit Hannover 96 an die Öffentlichkeit gelangten, darf man sehr gespannt sein, ob es Günter Kreissl gelingt, das momentan größte Grazer Talent für weitere Jahre an den Verein zu binden. 

 

Christian Schoissengeyr (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,82)

Wenn der baumlange Schoissengeyr heuer im Sturmdress auflief, dann wurde dem Zuschauer meist was geboten. In acht Bundesligaeinsätzen, davon fünf von Beginn an, zeichnete der ehemalige Juniorennationalspieler für heiße drei Elfmeter und drei Treffer verantwortlich. Man könnte also von einer ausgeglichenen Bilanz sprechen. Denkwürdig ist hier besonders das 6:1 gegen die Admira, als „Schoissi“ innerhalb von drei Spielminuten einen Elfer und damit den Rückstand verursachte, und per Kopf den Ausgleich erzielte und damit die Eskalation dieses Spiels einleiten konnte. Generell erfüllt der 23-Jährige einige Vorurteile, die mit seiner Körperstatur einhergehen. Sämtliche Treffer erzielte er mit seinem Kopf, und wie es bei schlacksigen Verteidigern oft der Fall ist, wirkt auch Schoissengeyr manchmal ein bisschen ungeschickt oder „bodschad“. Den starken Eindruck der letzten Frühjahrssaison, wo ihr ihn mit 2,21 zum stärksten Abwehrspieler gewählt habt, konnte „Schoissi“ heuer leider nicht wiederholen, allerdings war es sicherlich auch nicht hilfreich, dass er mit einem doppelten Bänderriss die komplette Sommervorbereitung verpasst hatte. Er versucht immer wieder, das Angriffsspiel von hinten aus zu eröffnen, was ihn vor der Explosion des Dario Maresic zu einer Ausnahme unter den Grazer Innenverteidigern machte, mittlerweile ist man dies allerdings schon fast gewohnt. Nichtsdestotrotz sind 80% angekommene Bälle kein schlechter Wert, da dies eben nicht nur risikolose Alibipässe sind. Mit 60% gewonnenen Zweikämpfen platziert er sich zwischen Maresic und Schulz, allerdings muss man Schoissengeyr noch einige dubiose bis haarsträubende Stellungsfehler ankreiden, in schwachen Momenten lässt er sich auch im Luftkampf zu leicht überwinden. Alles in allem ist Schoissengeyr ein Innenverteidiger, den man jederzeit ohne großes Bauchweh spielen lassen kann, möglicherweise kann er ja auch wieder an die starke letztjährige Frühjahrssaison anschließen. Motivation wird auf jeden Fall genügend da sein, zum einen wurde er im November erstmals Vater, zum anderen läuft auch sein Vertrag mit Ende der Saison aus.

Christian Schulz (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 3,23)

Die neue Saison war kaum eine Minute alt, da spielte Christian Schulz einen Rückpass, für den „verunglückt“ ein unglaublicher Euphemismus wäre. Milos Krkotic vom FK Mladost Podgorica war dann nur noch per Elferfoul zu stoppen und nahm das Geschenk des Kapitäns dankend an. Ein hundsmiserabler Beginn, dem eine nicht wirklich überzeugende Herbstsaison folgte. Sicherlich ist Schulz ob seiner unumstrittenen Routine und seiner Führungsqualitäten neben dem Platz ein wichtiger Baustein dieser Mannschaft, auf dem Platz konnte er seine Fähigkeiten heuer aber viel zu selten unter Beweis stellen. Zwar wird einem Legionär, noch dazu einem mit solchen Vorgängervereinen und Vorschusslorbeeren wie Schulz sie hatte, der gleiche Fehler wohl stärker vorgeworfen als einem Eigenbaugewächs, dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der viermalige Nationalspieler die schwächste Bewertung aller regelmäßig eingesetzten Spieler erhalten hat, und dazu die mit Abstand schwächste aller Verteidiger. Von einem Mann mit einer Routine von über 350 Spielen in der Deutschen Bundesliga muss man sich erwarten, dass er gewisse Situationen anders und besser löst. Natürlich hat man mit 34 Jahren nicht mehr die Grundschnelligkeit, aber dafür verfügt man über Erfahrung im Stellungsspiel und in der Zweikampfführung. Diese Attribute kommen Schulz leider immer mehr vorhanden, die Zweikampfquote von 56% ist nicht wirklich berauschend. Eine Passquote von 88% sieht sehr stark aus, allerdings muss dabei auch bedacht werden, dass Schulz ein Innenverteidiger der älteren Schule ist, der sich kaum ins Angriffsspiel einschaltet und dadurch eher risikolose Bälle spielt. Seit der Deutsche im Kader der Blackys steht, geht es mit seinen Leistungen tendenziell bergab, dies wird auch durch eure Bewertungen unterstrichen (Herbst 2016: 2,39; Frühjahr 2017: 3,12; Herbst 2017: 3,23). Man wird sehen, ob Schulz nach der Wintervorbereitung zurück in die Startelf finden wird, oder ob Heiko Vogel auf die Routine des Deutschen verzichtet. Ob sein auslaufender Vertrag nochmals verlängert wird, darf man aus momentaner Sicht wohl eher bezweifeln.

 

Die Außenverteidiger

Marvin Potzmann (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,21)

Marvin „Allzweckwaffe“ Potzmann hat neben Dario Maresic die wohl erstaunlichste Entwicklung in dieser Herbstsaison hinter sich. Letztes Jahr hieß es im SturmNetz-Abschlusszeugnis noch: „Auch bei Potzmann handelt es sich um einen sehr zuverlässigen Reservisten, ob er diese Rolle eine weitere Saison ausfüllen will, ist jedoch sehr fraglich.“ Und, naja, wir hatten nicht unrecht. Anstatt ein zuverlässiger Reservist zu sein, entschloss sich der Burgenländer zu einer Leistungsexplosion, die so eher nicht zu erwarten war. Egal ob als Linksverteidiger, Rechtsverteidiger, als Mittelfeldhybrid in der Dreier/Fünferkette oder als offensiver Flügelspieler, Potzmann war immer da, und Potzmann war quasi immer stark. So wie Maresic und Koch war auch er in jedem Bundesligaspiel im Einsatz, und nur in der dritten Runde gegen den SV Mattersburg stand er nicht in der Startelf. Der Burgenländer kann wohl als einer der größten Profiteure der Foda´schen Systemumstellung gelten, ist nun neben Lykogiannis und Koch doch noch Platz für einen dritten gelernten Außenverteidiger. Nachdem es lange Zeit so schien, als wäre ihm heuer überhaupt kein Tor mehr vergönnt, traf er in der vorletzten Runde gegen St. Pölten doch noch, und somit kann diese Herbstsaison für Potzmann wohl als eine vollends gelungene bezeichnet werden. Zum Man of the Match habt ihr ihn gleich zweimal gewählt (im August gegen den WAC und im Oktober gegen die Austria), großartig war er noch viel öfter. Potzmann ist ein Spieler, der trotz seiner defensiven Grundausrichtung keine Angst davor hat, mal mit nach vorne oder ins Eins gegen Eins zu gehen, dazu verfügt er über ein gutes Auge um den Gegner mit meist sehr präzisen Wechselpässen zu überrumpeln. Künstlerisches Potential zeigte er in dieser Saison auch, seine Pirouette gegen die Austria war so formvollendet, der Schiedsrichter konnte gar nicht anders als sie mit einem Elfmeter zu belohnen. Bitte mehr davon, dann kann auch die Vertragsverlängerung nur Formsache sein!

 

Charalampos Lykogiannis (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,56)

Das Überraschende zuerst: Charalampos Lykogiannis, der Mann mit dem härtesten linken Fuß von Graz bis Piräus, hat in diesem Herbst noch kein Freistoßtor erzielt. Das weniger Überraschende danach: Charalampos Lykogiannis, der Mann mit dem härtesten linken Fuß von Graz bis Piräus, ist auch in der Saison 2017/18 ein wichtiger Leistungsträger des SK Sturm und von links hinten nicht wirklich wegzudenken. Egal ob Dreier-, Vierer- oder Fünferkette, auf den Griechen wollte Franco Foda kaum verzichten. Nur an drei Ligaspielen nahm Lyko nicht teil, nur einmal wurde er ausgewechselt. Mit dem Last-Second-Treffer gegen den LASK sorgte er nicht nur für drei Punkte sondern auch für unzählige Freundenschreie, beinahe-Herzinfarkte, Hektoliter verschüttetes Bier und einen der großartigsten und emotionalsten Momente der Hinrunde. Mit zwei Treffern und einem Assist ist er auf gutem Wege, seine letztjährige Saisonbilanz (3/2) zumindest auszugleichen, und irgendwann muss dann ja auch mal wieder ein Freistoß reingehen. Die ständigen Transfergerüchte um ihn gehören mittlerweile zum gewohnten Bild des SK Sturm, aber bisher ist er immer noch dageblieben. In den letzten Spielen vor der Winterpause zeigte sich der Grieche allerdings ungewohnt fehleranfällig, auch der Offensivdrang war stark gehemmt. Wenn er diese Formkrise im Frühling überwindet, dann steht seiner vollmundigen Ankündigung nichts im Wege, Sturm sicher nicht ohne Titel zu verlassen. Ob wir Lykogiannis in der nächsten Saison noch in Graz auf die Beine sehen dürfen, steht momentan noch in den Sternen, denn auch sein Vertrag läuft im Sommer aus. Wobei wir ihn auch mit Titel sehr gerne behalten würden, ist er in Normalform doch sicherlich einer der besten Linksverteidiger der Liga. Sonst würd ihn ja auch Salzburg nicht ständig abwerben wollen.

 

Fabian Koch (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,43)

Der Tiroler beackert die rechte Abwehrseite des SK Sturm so zuverlässig, man könnte beinahe vergessen, dass diese Position bis vor seiner Verpflichtung ein ewiges Problemkind der Grazer war. Die heurige Herbstsaison ist nach eurer Einschätzung gar Kochs beste Periode in der Steiermark (Herbst 2016: 2,53; Frühjahr 2017: 2,68). Der Rechtsverteidiger zählt zu den absoluten Dauerbrennern in der Mannschaft, in der Bundesliga stand er immer in der Startelf und wurde nur einmal ausgewechselt, bloß im Cup gegen Altach kam er erst in der zweiten Hälfte ins Spiel, damit hat der Ex-Wuschelkopf und nunmehrige Fastglatzenträger nach Jörg Siebenhandl die zweitmeisten Einsatzminuten gesammelt. Koch sorgte mit seiner eingesprungenen Todesgrätsche im Juli gegen Felipe Pires für einen der Momente der Saison, gegen die Admira zeigte er gar ungeahnte Angreiferqualitäten, als er mal eben einen Drehschuss von der Strafraumgrenze im Kreuzeck versenkte. Mit etwas mehr Glück könnte durchaus schon das eine oder andere Tor mehr zu Buche stehen, scheinbar hat Koch seinen Sommer in Griechenland verbracht und gemeinsam mit Lyko Distanzschüsse trainiert. Konträr dazu sind seine Flanken seit letztem Jahr etwas ungenauer geworden, dies zeigt zum einen die schwächere Quote als bei Potzmann und Lykogiannis, zum anderen die Tatsache dass Koch heuer noch kein Bundesligaassist zu Buche stehen hat. Nichtsdestotrotz ist der Tiroler rechts hinten ohne jeden Anflug an Zweifel gesetzt, an ihm wird auch Heiko Vogel nicht herumkommen. Abschließend sei noch gesagt, dass Koch trotz seiner teilweise recht rustikalen Spielweise erst zwei gelbe Karten erhalten hat. Wenn man die Energie, die bei einem Zweikampf von Fabian Koch und James Jeggo entsteht, nutzen könnte, dann wäre die globale Energiewende sofort gelöst.

 

Zu kurz eingesetzt: Spendlhofer, Puchegger, Luan

 

1 Kommentar

  1. chh sagt:

    …… Diese Attribute kommen Schulz leider immer mehr abhanden, die Zweikampfquote von 56% ist nicht wirklich berauschend.   … liest sich besser.

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