Die Abwehr
Bevor wir uns die Leistungen der einzelnen Defensivakteure ansehen, sei ein kurzes Fazit zu der Verteidigung im Ganzen vorangestellt. Schließlich passiert ein Gegentor und eine Niederlage oft im Kollektiv, auch wenn sich bei unserer Abwehrkette so manch individueller Fehler eingeschlichen hat.
Den absoluten Tiefpunkt erlebten die Schwoazen wohl auf Zypern. Noch heute blutet einem Fan das Herz oder platzt der Kragen, wenn einem das blamable 0:5 auswärts in Larnaka in den Sinn kommt. Viele Fehler, sehr schwaches Zweikampfverhalten und, und, und…
Aber gut, von ganz unten geht es halt einfacher wieder nach oben. In der Liga startete man wesentlich besser, doch die Gegentore fielen weiterhin. Der Herbst war turbulent. Bis Runde neun dauerte es, ehe die Grazer zum ersten Mal in der Saison ohne Gegentreffer blieben (mit Ausnahme der ersten ÖFB-Cup-Runde). Auch die Defensive war, vorsichtig formuliert, turbulent unterwegs, egal ob Innen- oder Außenverteidiger. Mit Roman Mählich kehrte anfangs wieder etwas Ruhe ein, die Verteidigung stabilisierte sich. Nach der Winterpause war es mit der Ruhe und damit mit der Sicherheit schon wieder vorbei. Gerade so schaffte es Sturm in die Meistergruppe, in der sich die Mannschaft dann sogar noch schlechter präsentierte. Dass Rapid in zwei Spielen nur zwei Tore gegen die Grazer erzielte, lag wohl vielmehr an den schwachen Abschlüssen und nicht an der Kompromisslosigkeit der Verteidiger.
Insgesamt führte Sturm 3605 Defensiv-Zweikämpfe, wobei man 1823 gewann. Das sind 50,6%.
Die Abwehr
Dario Maresic: ø-Leserzeugnisnote: 3,04
Der mittlerweile sehr erfahrene Jungspund kam in der vergangenen Saison 35 Mal zum Einsatz. Dabei stehen eine rote und sechs gelbe Karten zu Buche. Maresic wurde im Spiel gegen St. Pölten im Oktober zurecht des Platzes verwiesen, nachdem er mit beiden Beiden in den Gegenspieler sprang. Grundsätzlich spielte der 19-Jährige jedoch eine solide Saison. Auch er brauchte wie die gesamte Verteidigung einige Zeit, um in die Spur zu finden. Bei der 0:5-Blamage gegen Larnaka war er mit zwei groben Schnitzern zudem mitverantwortlich für das Debakel. Danach ging es wieder etwas bergauf. Im Vergleich zur Vorsaison konnte er das Niveau jedoch bei weitem nicht halten – viele kleine Unsicherheiten schlichen sich ein sowie Fehlpässe und Abstimmungsfehler mit seinen Innenverteidiger-Kollegen Spendlhofer und Avlonitis. Maresic ließ sich teilweise durch die Unsicherheiten der Kollegen anstecken. Gute Momente hatte der U21-Nationalteamspieler aber auch, klärte beispielsweise gegen den WAC im letzten Spiel der regulären Saison großartig als letzter Mann. Schade, dass sich Maresic vor allem beim Spielaufbau zurückgehalten hat, zeigte er doch in der Spielzeit 2017/18 viele geniale Pässe in die Spitze. Auch seine Zweikampfstatistik fiel mit 61,71 % schon besser aus. Ob wir Maresic weiterhin im Sturmtrikot sehen werden oder sein bitterer Abgang beim Hinspiel gegen Rapid sein letzter Auftritt in Schwarz-Weiß war, wird sich weisen.
Lukas Spendlhofer: ø-Leserzeugnisnote: 2,88
„Wir sind einfach wirklich so schlecht“, es ist dies ein Zitat, das hängen blieb. Für den Jungpapa war es eine Saison mit vielen Aufs und Abs. In Erinnerung blieben die zwei bitteren Eigentore zuletzt. Speziell beim Spiel gegen den WAC patzte sich der Niederösterreicher an. Mit zwei Eigentoren (laut Bundesliga drei) in der vergangenen Spielzeit war er übrigens klarer Spitzenreiter in der heimischen Liga. Den Einsatz kann man Spendlhofer zumeist nicht abschlagen, auch war er es, der die Krise als einziger offen ansprach und seinen Frust und die Enttäuschung den Fans zu vermitteln versuchte. Mit vielen Patzern, schwach oder zögerlich geführten Zweikämpfen oder Fehlpässen im Spielaufbau war der 26-Jährige zumindest oft nicht ganz ohne Schuld an so manchen Gegentoren und den damit verbundenen Niederlagen. Neben acht gelben Karten scheinen auch zwei erzielte Tore in seiner Statistik auf. Sowohl gegen Hartberg (1. Runde) als auch gegen Mattersburg (8. Runde) traf der Ersatzkapitän nach Ecken (ja, tatsächlich) von Peter Zulj.
39 Mal kam Spendlhofer in der vergangenen Saison zum Einsatz, somit am öftesten aller Sturmspieler. Einzig im Heimspiel gegen den WAC fehlte der Dauerläufer wegen einer Gelbsperre. Wie auch Maresic hatte er schon wesentlich bessere Zeiten, jedoch sind seine Motivation und der Kampfgeist weiterhin vorbildlich.
Anastasios Avlonitis: ø-Leserzeugnisnote: 2,86
Als zentraler Innenverteidiger in die Saison gestartet, kam er vor allem unter Roman Mählich immer weniger zum Zug. Grund dafür war nicht nur das Spielsystem selbst, sondern der Umstand, dass Maresic, Spendlhofer und auch Fabian Koch sich trotz durchwachsener Leistungen besser präsentierten. Der Grieche hatte einerseits Schwierigkeiten, was die Abstimmung mit seinen Abwehrkollegen betraf, und andererseits mit individuellen Fehlern zu kämpfen. Im Vergleich zu seiner Zeit bei Sturm 2016 konnte er 2018/19 seine fehlende Schnelligkeit nicht mit überragendem Stellungsspiel wettmachen. Mit dem Ball tat sich Avlonitis ebenfalls etwas schwerer. Doch auch gute Leistungen zeigte der 29-Jährige, beispielsweise war er einer der wenigen, der sich gegen Mattersburg zum Frühjahrsauftakt gut präsentierte.
Unterm Strich stehen 25 Einsätze, in denen er vier gelbe und eine gelbrote Karte kassierte. Den Platzverweis gab es beim desolaten 0:3 zuhause gegen den LASK im Frühjahr. Zudem fabrizierte Avlo in der ersten Runde gegen Hartberg ein Eigentor, als er per Hechtkopfball relativ unbedrängt Siebenhandl bezwang. Mit 63,77 % gewonnener Zweikämpfe in der Bundesliga ist der Wert minimal höher als selbige von Maresic und Spendlhofer.
Fabian Koch: ø-Leserzeugnisnote: 3,11
Auch beim Tiroler gleicht die Saison einer Achterbahnfahrt. Als absolutes Hoch steht sein Traumtor gegen Wacker Innsbruck in der 13. Runde. Ein klares Tief ist dabei nicht auszumachen. Vielmehr war es eine generell weitaus schwächere Saison von Koch, als man sich von ihm erwartet hätte. Genauso wie beim Großteil der Defensivabteilung schlichen sich auch bei ihm wiederkehrende Fehler ein. Gute und weniger gute Leistungen wechselten sich ab. Seine zwei erzielten Tore sowie vier Vorlagen (Ligaspitze für einen Verteidiger) polieren seine Statistik gewaltig auf. Vor allem viele unnötige Ballverluste und zurückhaltendes Zweikampfverhalten trübten seine Leistungen hingegen. Je länger die Saison dauerte, desto mehr entfernte sich der 29-Jährige von seinen Gegenspielern. Nach vorne hin funktionierte, speziell im Zusammenspiel mit Stefan Hierländer, sehr wenig nach Wunsch, Unstimmigkeiten bei den Laufwegen waren vermehrt zu sehen.
Eine rote Karte kassierte Koch neben sechs gelben. Im Nachhinein kann man ihm diese gar nicht vorwerfen, verhinderte er doch mit einer Notbremse den möglichen Ausgleich im Auswärtsspiel gegen St. Pölten. Satte 37 Einsätze stehen zu Buche. Die Quote der gewonnenen Zweikämpfe sank im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 10 % auf 53,88 %. Dies und seine Körpersprache zeigen, dass da ganz klar Luft nach oben ist.
Thomas Schrammel: ø-Leserzeugnisnote: 2,95
Der Burgenländer hätte sich die Saison wohl anders vorgestellt. Das Auswärtsdebakel auf Zypern sollte sein zweiter Pflichtspieleinsatz für Sturm sein, danach folgte Flaute. Mit Ausnahme von drei Spielen stand der 31-Jährige in allen Partien im Kader, kam jedoch nur zu 17 Einsätzen. Kurz bevor Mählich übernahm, war er wieder die erste Wahl auf der linken Abwehrseite, doch mit der Verpflichtung von Gideon Mensah war auch das wieder vorbei. Trotz ansprechender Leistungen von Schrammel war am Ghanaer kein Vorbeikommen. Der Ex-Rapidler bestach mit seiner Erfahrung besonders im Defensivbereich, offensiv zeigte er relativ wenig. Ein Assist gelang ihm beim Sieg gegen die Admira kurz vor Weihnachten, als er Zulj bediente. Für einen Außenverteidiger zu wenig. Auch seine Zweikampfstatistik spricht mit 50,75 % nicht unbedingt für ihn. Insbesondere aufgrund seiner Schwäche bei Kopfbällen fiel dieser Wert derart niedrig aus: Nur jedes dritte Kopfballduell konnte er für sich entscheiden. Schrammel verlängerte erst im März seinen Vertrag um ein weiteres Jahr. Ob er unter El Maestro neuerlich zu mehr Einsätzen kommt, wird sich weisen.
Gideon Mensah: ø-Leserzeugnisnote: 2,51
Als er im Jänner auf Leihbasis zu Sturm kam, ahnte noch keiner, was in dem jungen Ghanaer steckt. Bereits in der zweiten Runde im Frühjahr stand er in der Startelf, wirklich entfalten sollte er sich ab der folgenden Partie in Salzburg. Ohne Probleme verdrängte er Routinier Thomas Schrammel aus der Stammformation. Mit schnellen Sprints, mutigen Vorstößen und Einsatz verzückte er Tribünen und Trainerbank gleichermaßen. Offensiv fiel er auf, sowohl mit Otar Kiteishvili als auch mit Michael John Lema oder Jakob Jantscher belebte er die linke Seite. In der Defensive jedoch ist noch Luft nach oben. Einige Male bewegte er sich schleppend zurück oder machte für Gegenspieler eher einen Begleitservice, statt in den Zweikampf zu gehen. Auch Dario Maresic ließ er des Öfteren alleine. Gegen Ende der Saison lief es auch offensiv nicht mehr ganz nach Wunsch.
Gideon Mensah kam für Sturm zu 15 Einsätzen, deren 14 in der Startelf. Trotz der Offensivbemühungen gelangen ihm weder Tore noch Vorlagen. Der 20-Jährige war aber eine absolute Verstärkung im Frühjahr. Auch unsere Leser sahen das ähnlich und krönten ihn insgesamt drei Mal zum Man of the Match. Nach einem halben Jahr endete seine Leihe und er kehrt zu Red Bull zurück.
Filipe Ferreira: ø-Leserzeugnisnote: 3,55
Der Portugiese kam im vergangenen Sommer ablösefrei von Pacos Ferreira zu Sturm. Trotz Skepsis klang der Transfer ob seiner Erfahrung vielversprechend, doch der Legionär konnte sich nie wirklich durchsetzen. Gerade einmal sechs Pflichtspiele machte er für die Grazer. In seinem ersten Bundesligaspiel in der ersten Runde gegen Hartberg stand der Linksverteidiger noch in der Startelf. Bereits in der Halbzeit nahm ihn Heiko Vogel vom Feld, denn der 28-Jährige zeigte eine desolate Leistung. Ob es an den sprachlichen Verständigungen oder dem portugiesischen Spielstil lag? Vielleicht, doch auch kämpferisch wusste er nicht zu überzeugen.
Ferreira wurde im Jänner nach Portugal zu CD Nacional verliehen. Die Leihe endete mit Saisonende. Wie es mit Ferreira weitergeht, ist noch nicht klar, doch dass er in Graz keine Zukunft haben wird, ist gewiss.
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