Der SK Sturm trauert um Walter Saria
Über ein Jahrzehnt gab es kein Vorbeikommen an einem ganz besonderen Einsergoalie des SK Sturm: 366 Pflichtspiele, 103 Partien ohne Gegentor – das ist die Bilanz von keinem Geringeren als Walter Saria. Als er 1975 von Feldbach nach Graz kam, hieß das Torhüterduo noch Refik Muftic/Fritz Benko, doch er löste die beiden schnell ab, ließ sich lange nicht mehr verdrängen und wurde zur Vereinslegende. Der aus St. Peter am Ottersbach stammende Saria war in dieser Periode unbestritten einer der besten Torhüter Österreichs, und er war wohl einer der Besten, die jemals im Sturmtor standen.
Ein Mann, der die schwarzweiße Geschichte mitschrieb
Saria erlebte mit dem SK Sturm so manchen geschichtsträchtigen Abend. Etwa bei der Europacupschlacht gegen Nottingham Forest im Frühjahr 1984 – dem Viertelfinale des UEFA-Cups: Die deutschen Teams waren allesamt bereits ausgeschieden, Österreich noch mit Rapid, der Wiener Austria und eben dem SK Sturm vertreten. Die Grazer hatten sich dank teilweise sensationellen Erfolgen gegen Studentesc Bukarest, Hellas Verona und LOK Leipzig für die Runde der letzten Acht qualifiziert und trafen somit auf den Gewinner des Europapokals der Landesmeister – der späteren Champions League – aus den Jahren 1979 und 1980. Das Hinspiel im City Ground zu Nottingham hatte Sturm zwar vor 20.000 Zusehern durch ein Tor von Paul Hart mit 0:1 verloren, einem Ergebnis, das selbst viele Sturm-Knofel dieser Mannschaft nicht zugetraut hätten. Sturm kam in England zwar zu kaum einer Torchance, hielt aber das 0:0 immerhin bis zur 70. Minute, doch gerade in einer Phase, in der der Druck von Forest etwas nachzulassen schien, fing man sich aus einer Standardsituation doch noch das Gegentor ein. Trotzdem überwog in den Reihen der Blackys durchaus der Optimismus und man war überzeugt, dass das englische Klasseteam nach dem 0:1 durchaus zu packen sei.
20.000 Anhänger, darunter 1.500 aus England, sorgen dann am 21.03.1984 für ein ausverkauftes Haus in Liebenau und Rekordeinnahmen für die traditionell klamme Klubkasse. Sturm geht dank eines Elfmetertors von Bozo Bakota mit 1:0 in Führung, kann aber trotz zahlreicher Chancen nicht nachlegen. In der Verlängerung kommt es zu einer der meistdiskutierten Szenen der Sturmhistorie. Ein völlig übermotivierter Walter Hörmann klärt erst per Kopf vor Steve Hodge, setzt dann nochmals nach und rempelt den 24-fachen englischen Internationalen knapp innerhalb des Strafraums. Zum Entsetzen der Sturmfans zeigt Schiedsrichter Romualdas Yuschka erneut auf den Elfmeterpunkt. Minutenlange Proteste der Grazer Spieler bleiben natürlich aussichts- und erfolglos. Colin Walsh tritt an und verlädt Walter Saria. Dabei hatte Trainer Gernot Fraydl, der die Engländer im Vorfeld mehrmals beobachtete, Saria noch vor dem Spiel dahingehend instruiert, dass der Schotte seine Strafstöße stets in das rechte Eck platziere. Das Urgestein im Sturmtor, mit Fingerverletzung aufgelaufen, ist aber davon überzeugt, dass der englische Stürmer, im Wissen, dass man ihn von Seiten der Grazer genauestens studiert hat, diesmal seine Strategie ändert und in das linke Eck schießen würde. Dem war aber nicht so und Walsh zielt wie immer in das rechte Eck. Saria wird vom Trainer gescholten, war aber immer davon überzeugt, dass er nur „zu intelligent für den Stürmer“ war. In den restlichen sechs Minuten passiert nichts mehr, der Traum vom Semifinale ist damit ausgeträumt. Nichtsdestotrotz war es der erfolgreichste Auftritt im 2009 durch die Europa League ersetzten UEFA-Cup.
Eine Legende unter Legenden
Anlässlich des 110-jährigen Jubiläums des SK Sturm und der Eröffnung der Ausstellung Mythos Gruabn – 100 Jahre Sturmplatz fand sich Saria 2019 mit einigen weiteren Vereinslegenden wie Dr. Günter Paulitsch, Manfred Steiner und Gilbert Prilasnig sowie Kult-Kommentator Robert Seeger zusammen und schwelgte in Erinnerungen. Dabei erzählte der Goalie unter anderem, wie fahrlässig er einst ein entscheidendes Eigentor fabrizierte.
Der SK Sturm trauert um eine große Persönlichkeit
Wie er in einem Interview mit unserem Redakteur Günter Kolb 2016 erzählte, war Saria ein absoluter Familienmensch. Nach seinem Karriereende 1987 widmete er sich besonders seinen Nächsten sowie seinen vielen Haustieren: „Ich bin verheiratet, habe zwei Kinder, zudem einen Hund, zwei Katzen, vier Hasen, sechs Schildkröten, ein Haus mit 2.500 qm Grund im Grünen und Wohnwagen ganzjährig fix auf dem Salzstiegl.“ Dem Fußball blieb er immer verbunden. „Mit Sturm verbindet mich noch die Freude, dass die falsche Entwicklung zur Kartnig-Zeit danach korrigiert wurde und der zwangsweise eingeschlagene „österreichische Weg“ – und das auch noch sehr erfolgreich – wieder bestritten wurde.“ Auf den Fußballplatz ging der sympathische Keeper nicht mehr, lieber war er selbst aktiv als zuzusehen.
Walter Saria verstarb gestern nach schwerer Krankheit im Alter von 65 Jahren. Auch das SturmNetz-Team verneigt sich vor einem großen Sportler und einem noch größeren Menschen.
Ruhe in Frieden Walter
Ein sehr toller Nachruf, vielen Dank! Walter Saria war auch bei mir der erste Torhüter, den ich in meiner Kindheit im Sturmtor gesehen habe. Ein toller Torhüter und sehr sympathischer Mensch. Ruhe in Frieden, lieber Walter!
Nach Manfred Steiner der nächste Todesfall…
Langsam zerfällt die Mannschaft aus den 80 Jahren, traurig aber wahr.
R.I.P Walter Saria
R.I.P. Gruabnlegende!
Mit ihm im Tor wurde ich Sturmfan. RIP
R.I.P. Walter Saria! Eine Legende und wie viele andere leider viel zu früh von uns gegangen. Ich war noch sehr klein, durfte Walter aber noch in seinen letzten Spielen für Sturm live erleben. Er verkörperte Sturm immer zu 100% – da gab es nichts anders.
Alles Gute der Familie-Saria und mein Beileid !!