Das Ende des Anfangs

Zu Ende ist sie also nun, eine Saison, die nach dem überfälligen Umbruch und den zahlreichen Rückschritten der letzten Jahre endlich den langersehnten und vielzitierten Sturmgeist, das Feuer, die Begeisterung sowie letztlich auch die Massen nach Liebenau zurückbrachten und dennoch endete, wie sie begonnen hat: enttäuschend. Sollte man zumindest meinen. Tatsächlich hat Sturm, wie auch die Kleine Zeitung  in ihrer wiedergekehrten, übertrieben positiven Berichterstattung,  wenig überraschend hervorzuheben versucht, lediglich in einer Spielzeit in den letzten 13 Saisonen besser abgeschnitten; der Ausgang ebenjener dürfte allen noch bestens in Erinnerung geblieben sein. Dass derartige Zahlenspiele und deren positive Auslegung unter anderen Trainern in der lokalen Medienlandschaft zu Unrecht nur wenig Anklang fanden, bedarf kaum einer weiteren Erwähnung, sei der Vollständigkeit halber allerdings trotzdem kurz erwähnt.

Diese positive Grundhaltung der Medien, die mit Franco Foda eine Rückkehr nach Graz fand, ist ein Umstand, von welchem Sturm derzeit stark profitiert. Kaum war es wohl den vielen packenden und spielerisch hochwertigen Partien geschuldet, dass die Saison mit einem Zuschauerzuwachs von über 30 % im Vergleich zum Vorjahr über die Bühne ging. Auch scheint sich das gesamte Umfeld grundlegend beruhigt zu haben; so stellen schwache Darbietungen kaum Anlass für intensive Unmutsäußerungen oder Ähnliches seitens der Fans und/oder Medien dar. Es ist gerade diese Ruhe und Stabilität, die Sturm lange fehlte und mit welcher es sich in allen Bereichen leichter arbeiten lässt. FF fungiert hierbei eindeutig als Ventil und selbst bei einer Serie an Misserfolgen, wäre ihm der Rückhalt kaum noch zu nehmen. Des Weiteren ist es nur verständlich, dass die Experimentierbereitschaft der Vereinsführung in dieser Hinsicht de facto den Nullpunkt erreicht hat. Zu weit liegen schöne Konzepte und die (sportliche) Wirklichkeit auseinander, was man zum Leidwesen aller Sturmfans schmerzlich erfahren musste. Die Fähigkeit aus diesen vergangenen Fehlern zu lernen, ist den Verantwortlichen zum Glück durchaus zuzutrauen. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch auf den Trainer zutrifft.

(c) GEPA pictures/ tipp3

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Großen Ankündigungen und den daraus resultierenden hohen Erwartungen konnte man zu Beginn des Projektes „Sturm-Neu“ bekanntlich in keinerlei Hinsicht gerecht werden; Elfmetertraining war dringendst erforderlich.  Welches Fazit lässt sich nach dem Durcheinander, den teilweise fast chaotischen Zuständen, dem Zurückrudern und der nunmehrigen Stabilisierung und der damit verbundenen und womöglich endlich berechtigten Aufbruchsstimmung also ziehen? Wie ist Sturm-Neu-Neu-Alt zu bewerten? Die Umstrukturierung(en) und Vorhaben gänzlich als gescheitert zu beurteilen, greift zu kurz. Und wäre wohl schlicht falsch. In vielerlei Hinsicht konnte man sich im Vergleich zu Sturm-Ganz-Alt deutlich verbessern. Das Machtgefüge innerhalb des Vereins scheint vorerst eine gewisse Balance gefunden zu haben; zumindest sofern FF sein Wort hält, wovon aufgrund der derzeitigen Struktur zum Glück auch auszugehen ist. ‚Revolten‘ einzelner Spieler würden dieser Tage wohl ebenfalls im Sand verlaufen und das ist ein absolut begrüßenswerter – und wie man erleben durfte leider nicht selbstverständlicher – Umstand. Aufgrund der verbesserten Kommunikation wurde man als Fan darüber hinaus von Pannen und Peinlichkeiten weitestgehend verschont.

Und dann gibt es noch den General Manager, der häufig als primäres Ziel jedweder Kritik fungieren musste, wie sich jedoch langsam herausstellte mindestens zum Teil zu Unrecht. Gerhard Goldbrich hat seine Sache weit besser gemacht, als es ihm die Meisten zugetraut hätten. Auch für die derzeitige bzw. bereits stattgefundene Kadergestaltung kann ihm zum jetzigen Zeitpunkt durchaus ein positives Zeugnis ausgestellt werden. Eine Saison mit einer gefestigten Mannschaft und ohne den Verlust bedeutender Spieler  zu starten, ist ein Privileg, welches der Sturmfamilie üblicherweise selten zuteil wird. Man kann also vorsichtig optimistisch in die kommende Saison spähen, auch wenn Euphorie-Ausbrüche und zu hohe Erwartungen wohl nicht empfehlenswert sind.

Und der Präsident? Der darf sich, etwas  überraschend, an einem Bekenntnis der Fans zu seiner Person erfreuen. Nach Jahren der Tristesse scheint folglich in schwarz-weiß alles eitel Wonne zu sein, „Wattebausch“ inklusive. Doch sind mahnende Worte auch an dieser Stelle durchaus angebracht. Sportlicher Erfolg ist die Essenz eines Fußballvereins, kann aber auch zu Verblendung führen und wichtige Themen in den Hintergrund rücken lassen. Derart wohlgesonnene Medien und deren fragwürdige Berichterstattung werden hierbei kaum Abhilfe schaffen. Gleichzeitig wird ein Ausbleiben des Erfolgs gute und für den Verein wertvolle Arbeit zunichte machen und insbesondere für die Massen unsichtbar erscheinen lassen. Außerdem war der Sturmfan geneigt, sich ob der nicht vorhandenen positiven Erwartungshaltung auch recht einfach begeistern zu lassen. Ein zweifelhafter „Bonus“, der spätestens jetzt von den Fans nicht mehr zur Verfügung gestellt werden wird.

Nun steht man also am Anfang, fast. Besser formuliert: Man steht am Ende des Anfangs, der sich wie ein Kaugummi zu ziehen vermochte. Nun gilt es etwaige Früchte der Arbeit zu ernten und zu beweisen, dass Fehler einem kontinuierlichen Lern- und Fortschrittsprozess dien(t)en. Dabei darf jedoch auf nachhaltigen Wiederanbau keinesfalls vergessen werden. Sonst droht, zugegeben überspitzt formuliert, dass dies alles umsonst war und man auch bei Sturm-Ganz-Alt hätte bleiben können. Und das kann sich – die für die Rettung des Vereins verantwortlichen Personen in Ehren – wahrlich niemand wünschen.

 

5 Kommentare

  1. sturm1909 sagt:

    Toller Bericht wirklich lesenswert! 🙂

  2. Juran sagt:

    Der Verein hat sich wirklich mit Foda beruhigt, ob das auch langfristig so ist ,ist halt die frage und kommt vor allem darauf an wann die ersten Probleme auftreten und wie man da reagiert.
    Man steht jetzt wieder am Anfang eines Weges, nur weiß keiner wie lange und wie viele Schlaglöcher dieser weg hat. Der Verein muss sich jetzt auch Weiterentwickeln um weiter vorne mitspielen zu können in Österreich und da werden noch einige Schwierigkeiten auf uns zukommen.
    Das was mir persönlich am herzen liegt ist das wir endlich wieder einen anständigen GF Sport/Sportdirektor holen und das soll jetzt kein GG bashing werden, aber er ist nun mal nur ein Manager der im Fußball sich nur von einflüsterten leiden lassen muss. Und das kann über kurz oder lang nur schief gehen. Wenn man die Chance hat ein Kaliber wie Schupp oder Zahovic nach Graz zu holen, dann sollte man dass auch machen. Dann wäre man auch von der Struktur her für die Zukunft gerüstet, so bleibt halt immer ein schaler Beigeschmack. Das man sich Sportlich auf GG verlassen muss der zwar keine schlechte Arbeit macht aber eben kein echter Fachmann im Sportlichen Bereich ist.

    • Gernot Ho sagt:

      Naja, GG hat seine Sache mMn wie gesagt weit besser gemacht, als das zu erwarten war. Ich sehe daher zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich keinen Grund Änderungen vorzunehmen. Klar, die Struktur weicht von den Konzepten ab, hat sich aber größtenteils dennoch bewährt. Fragwürdiger ist da mit Sicherheit die Arbeit der Scouting-Abteilung; aber GG kann man nichts ankreiden derzeit.

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