Delzepich: „Bei den Sturm-Fans bin ich sofort gut angekommen“

Günter Delzepich ist 60

„Zwei Meter, zwei Zentner“, wurde für ihn zeit seiner Karriere aufgrund seiner imposanten Erscheinung zum geflügelten Wort. Doch nicht nur seiner Statur wegen erinnern sich viele ältere Sturm-Knofel an einen Fußballer, der zwar bloß eine knappe Saison den Rasen der Gruabn beackert hat, aber aufgrund seiner Einstellung, seiner Zweikampfstärke und der Sache mit dem Medizinball noch immer Kultstatus genießt. Günter Delzepich feiert heute seinen 60. Geburtstag.

In der Saison 1986/87 besteht bei Sturm in der Offensive Handlungsbedarf. Die umgebaute und verjüngte Mannschaft von Neo-Trainer Walter Ludescher startet gut in die Saison, doch der designierte Goalgetter Dido Teskeredzic verletzte sich bereits nach drei Spielen schwer. Über 1000 Kilometer entfernt, im nordrhein-westfälischen Aachen, hat sich zeitgleich Alemannia-Publikumsliebling Günter Delzepich in seiner dritten Zweitliga-Saison beim Kultklub mit dem Trainer zerkracht. „Mir war klar, dass ich so schnell wie möglich den Verein wechseln musste, auch wenn ich aus heutiger Sicht sagen muss, dass die Fehler damals wohl bei mir lagen. Ein Spielervermittler erfuhr davon und bot mir Probetrainings bei diversen Vereinen der zweiten deutschen Liga, aber auch im Ausland an. Aus Respekt vor den Alemannia-Fans kam für mich dann nur ein Transfer nach Graz in Frage, ohne mich über den Verein vorab zu informieren. Alles ging sehr schnell.“ Beim Probetraining in der Gruabn wird der Fokus an diesem Tag auf das Schusstraining gelegt, logisch, dass die Sturm-Vereinsverantwortlichen schnell von seinem Wums begeistert sind. Delzepich muss ebenfalls nicht lange überlegen, auch wenn er bei Vertragsunterzeichnung rein gar nichts von seiner neuen fußballerischen Heimat weiß: „Zunächst habe ich von Graz nicht viel gesehen. 1200 km zum Probetraining, 1200 zurück, um zu packen und dann nochmal 1200 wieder in die Steiermark. Dann sofort mein erstes Spiel. Es gab so gut wie keine Zeit, etwas aufzunehmen.“ Die Gruabn jedoch gefällt dem Deutschen von Anfang, da sie „einen Charakter wie der Aachener Tivoli hatte, nur etwas kleiner und noch älter. Mit den 25000 Zuschauern wie in Aachen kam sie zwar nicht ganz mit, aber die Begeisterung der Fans war ähnlich.“ Sowieso wäre in jenen Zeiten generell weniger „Theater“ um den Fußball gemacht worden, mehr echte Fans in das Stadion gegangen und die Stimmung noch eine andere gewesen. 

Start nach Maß

Schon im ersten Spiel erzielt der Mittelfeldspieler bereits nach acht Minuten den Führungstreffer gegen VÖEST Linz, eine Woche darauf trifft er in Dornbach via Hechtkopfball erneut. Delzepich spielt sich rasch in die Herzen der Sturm-Anhänger: „Ich bin anscheinend gut bei den Fans angekommen und ich muss sagen, das beruhte auf Gegenseitigkeit. Da hat von Anfang alles gepasst.“ Nur mit den Schiedsrichtern gab es zunächst Probleme. Delzepichs Spielstil ist hierzulande eine Novität, seine berühmten Pressschläge (den Ball bewusst etwas zu weit vorlegen und dann die Abschläge des gegnerischen Spieler blocken) werden zunächst abgepfiffen, doch mit der Zeit gewöhnen sich die Spielleiter an seine Masse und Wucht. „In Österreich wurde damals ohnehin robuster und körperbetonter gespielt. Das kam mir sehr entgegen. Auch die Schiedsrichter empfand ich mit der Zeit sogar besser als jene in Deutschland.

18.10. 1986, Sturm gegen Vienna (3:0) in der Gruabn (c) Johann Dietrich

Letztendlich verpasst Delzepich bis zum Saisonende kein Spiel, steht immer über die vollen 90 Minuten am Feld. Sturm kann sich für das Meister-Play-Off qualifizieren und beendet die Saison auf einem unaufgeregten, siebenten Rang. Unvergessen jedoch der 3:2-Auswärtssieg gegen den GAK in der Körösistraße: Die Blackys drehen in den letzten Minuten noch einen 0:2-Rückstand und schicken den Lokalrivalen in das Mittlere Play-Off. Delzepich, der angeschlagen in das Spiel geht und ohne Treffer bleibt, reminisziert: „Ich kann mich noch gut an die enorme Anspannung im Vorfeld dieser Partie erinnern. Es war zu spüren, dass das Derby für die ganze Stadt etwas Besonderes war.“ 

Rückkehr zur Alemannia

Nach 28 Spielen und sechs Treffern kehrt der Deutsche am Ende der Saison allerdings nach Aachen zurück – obwohl sowohl der Klub als auch der Spieler selbst einem längerfristigen Engagement grundsätzlich nie abgeneigt sind. „Land und Leute haben mich in Graz sofort angesprochen. Auch den besonderen Dialekt fand ich einnehmend, es gab keinerlei Verständnisprobleme. Ich denke, mein Körper und meine Bereitschaft, Zweikämpfe zu führen, haben damals gut zu Sturm gepasst. Ich wäre wirklich sehr gerne geblieben, doch ich war in Aachen im öffentlichen Dienst angestellt. Als Spieler für die Alemannia wurde ich ohne Bezüge beurlaubt, wäre ich jedoch bei Sturm geblieben, hätte ich meine Stelle verloren. Daher wäre ein zweites Jahr in der Steiermark aus finanziellen Gründen für mich einfach nicht machbar gewesen.“ Delzepich spielt fortan wieder für Aachen und bleibt dem Klub bis zum Karrierende 1991 treu. Mit 33 Jahren sagt er dem Profi-Dasein Lebewohl, vordergründig erneut vor allem aus beruflichen Gründen. 

Die Sache mit dem Medizinball

Besonders eine Geschichte über Delzepich gilt noch heute als legendär: Während eines Krafttrainings erspäht er einen am Sechzehner herumliegenden Medizinball. Das Kraftpaket, als Profi stets mit einem Kampfgewicht jenseits der 100 Kilogramm, wettet mit seinen Mitspielern, er würde die Kugel, ohne dass sie den Boden berührt, im Tor versenken. Und verliert die Challenge. Denn der Ball fliegt über das Gehäuse. Fragt man ihn heute, ob es ihn mittlerweile nervt, auf diese Schnurre angesprochen zu werden, meint er nur „früher schon, jetzt, nach all den Jahren aber ist man schon stolz, wenn sich überhaupt noch jemand an einen erinnert.“

Delzepich im Casino-Stadion in der Körösi-Straße: Nach einem 0:2-Rückstand gewann Sturm das Derby durch späte Tore noch mit 3:2 (c) Johann Dietrich

Delzepich heute 

Zum Verein Sturm Graz gibt es nach seinem Engagement keinen Kontakt mehr, auch wenn Delzepich den Werdegang des Klubs bis heute verfolgt. Vor allem „der frühe Tod unseres damaligen Spielführers Rudi Schauss“ hat ihn sehr betroffen gemacht. Den – im Vergleich zu heute – bescheidenen Verdienstmöglichkeiten eines Fußballprofis aus seiner Ära trauert er jedoch nicht nach: „Heute hat jeder Bundesligaspieler finanziell ausgesorgt, jedoch den Mitspieler als Freund zu bezeichnen, wie es früher häufig vorkam, das gibt es heute nur noch selten. Jeder schaut nur auf sich, an dieser Entwicklung haben sowohl Spielervermittler als auch die Öffentlichkeit reichlich Anteil. Wir haben früher als gesamte Truppe schon einmal über die Stränge geschlagen, etwas, was in der heutigen Zeit wohl undenkbar ist.“ Für die Aachener-Traditionsmannschaft absolviert er als Fußball-Rentner hunderte Partien, heute tritt er nur noch bei Show-Matches gegen Antrittsgeld für karitative Zwecke an, spielt dafür jetzt „mit weniger Erfolg, aber gleichem Einsatz“ Golf. Sein Kampfgewicht hat er bis heute beinahe gehalten. Beruflich leitet der seit heute 60-Jährige eine Abteilung der Stadtverwaltung Aachen, die für öffentliche Förderungen zuständig ist und hat auch mit Insolvenzen und Zwangsversteigerungen zu tun. 

Wir wünschen dem Jubilar alles Gute zum runden Geburtstag, weiterhin viel Gesundheit und bedanken uns für das ausführliche Gespräch. 

 

 

4 Kommentare

  1. Marchanno Diaz Rabihou sagt:

    Danke Günter für die Story vom Günter

    ALLES GUTE MR. MEDIZINBALL

    war meine erste gruabn zeit, sehr besonders und sehr menschlich – schade dass er gleich wieder retour nach aachen ist

    (da hat sich noch keiner aufgeregt weil das wlan wackelig ist !!)

  2. scheno sagt:

    alles gute nach aachen herr delzepich! falls sie diesen artikel zu lesen bekommen – wissen sie, dass sich in graz viele gern an sie erinnern, nicht schlecht für nur eine saison 😉
    im fußballtor im garten stand damals immer ein sehr eingeschüchteter kleiner junge, als mein vater anlief und „günter delzepich“ brüllte.. 🙂

  3. Gustlig sagt:

    Mindestens 2 der Vienna Spieler am Bild haben die Hosen VERKEHRT an. Ernsthaft.

    Genau hinschauen!

    • Gustlig sagt:

      Der Passform nach ist anzunehmen dass „Honda Havelka“ hinten, nicht vorne, sein sollte.

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