Auswärtsgeschichten
Auch heuer möchten wir euch die Zeit bis zum heiligen Abend etwas versüßen. Im heurigen Advent blicken wir zurück auf einige denkwürdige Ereignisse aus 3,5 Jahren SturmNetz. In Türchen Nummer 6 verbergen sich kleine Geschichten bzw. Schmankerl über ganz besondere Auswärtsfahrten.
Auswärtsgeschichten
Am 03. Dezember durfte ich bereits meinen Senf zur Auswärtsfahrt nach Montenegro dazugeben und aufgrund der Länge der Erzählung, auch wenn es dazu noch immer eine Menge Kleinigkeiten zu erzählen gäbe, gingen einige andere kurze Geschichten leider leer aus. Diese sollen allerdings nicht im Verborgenen bleiben und nachfolgend möchte ich noch einige Schmankerl zum Besten geben.
Vor ein paar Jahren – an einem schönen Tag in Grödig – wollte ich am liebsten im Boden versinken…
Als ich kurz vor Spielbeginn meinen Platz zum Fotografieren einnehmen wollte, versperrte mir ein Rollstuhlfahrer den Weg. Es war der Rennrollstuhlfahrer und mehrfache Medaillengewinner Thomas Geierspichler. Er war gerade in ein Gespräch vertieft, ich wollte ihn nicht unterbrechen und somit versuchte ich, mich mit Sack und Pack hinter ihm vorbeizuquetschen. Jeder, der mich schon einmal im Stadion gesehen hat, weiß, dass ich immer haufenweise (unnützes) Zeug mit mir rumschleppe und aussehe, als würde ich gleich irgendwo meine Zelte aufschlagen. Ich also heimlich, still und leise am Vorbei zwängen, als er mich bemerkte und höflich zur Seite fahren wollte. „Geht schon, danke, bleib sitzen“… Als mir diese Worte über die Lippen kamen, wurde mir bewusst, dass diese an einen Rollstuhlfahrer nicht gerade glücklich gewählt waren. Er drehte sich zu mir, sah mich ernst an und sagte: “Ich kann eh nicht aufstehen“, und fing an zu lachen. Er bemerkte sogleich, wie unangenehm mir mein Sager war, nahm es mit Humor und schlussendlich lachten wir beide darüber. In diesem Sinne, lieber Thomas, bleib sitzen und „Alles ist möglich dem, der glaubt“.
Ob Madrid, oder Rom oder afoch nur Wien, wir verfolgen Jürgen Melzer, egal wohin. Irgendwo kurz vorm Wechsel überholte uns ein Auto mit der Seitentüraufschrift „Jürgen Melzer powered by… (beliebigen Namen hier einfügen)“. No-na waren wir neugierig, ob er selbst im Fahrzeug sitzt oder einfach nur ein gesponsertes Auto an uns vorbeizog. Ab auf die dritte Spur also und dem schwarzen Geschoss hinterher. Am Kofferraum klebend verfolgten wir den Tennisprofi und er machte ob des Verkehrs keine Anstalten, die Überholspur zu verlassen. Irgendwann war es dann aber doch so weit, er fuhr nach rechts, wir überholten ihn und fünf „Idioten“ guckten in sein Auto. Als wir Jürgen Melzer und Fabienne Melzer-Nadarajah sahen, war unser Glück perfekt. Warum wir das so lustig fanden, kann ich heute beim besten Willen nicht mehr sagen. Es ist eben eine jener Geschichten, die ich im vorigen Artikel angesprochen habe: Man kann sie immer wieder zum Besten geben und es sorgt für Erheiterung. Nun gut, jetzt wussten wir, dass „die Melzers“ an Bord waren, also musste im Zeitalter der digitalen Vernetzung noch ein Video oder zumindest ein Bild her. Wir reihten uns daher auf der ersten Spur vor ihrem Fahrzeug ein und wurden kontinuierlich langsamer, damit sie uns wieder überholen mussten. „Bled sans net“, ahnten sie scheinbar unser Vorhaben, überholten nicht und grinsten den fragenden Gesichtern auf der Rückbank entgegen. Als wir dann irgendwann nur noch mit knapp 80 km/h auf der Autobahn „dahintuckerten“, nahm sich Jürgen ein Herz und überholte. Ich lasse das Fenster runter, halte mein Handy bereit, sie fahren vorbei, wir winken uns alle gegenseitig zu und ich? Ich winke mit der filmenden Hand und – oh Wunder – das Video stellte sich im Nachhinein als etwas unbrauchbar heraus. Man erkannte schlichtweg nichts.
Besser kann man auswärts nicht „stalken“.
Meine ganze Familie ist natürlich schwarz/weiß, meine Mutter also somit auch. ABER: Sie hat bzw. hatte einen ganz besonderen Spieler, er war nie ihr Lieblingsspieler, sie mochte eher seine Spielweise und sein Auftreten am Platz. Vor der Begegnung schrieb mir meine Mutter zum Spaß: “Wennst ihn siehst, dann richte ihm liebe Grüße aus.“ Um wen kann es sich da wohl handeln?
Es passierte jedenfalls an einem kalten und hässlichen Abend in Mattersburg. Der SK Sturm ging mit 1:0 in die Knie – und das, obwohl man auswärts nicht besser spielen konnte.
Der lustlose Kick und schlechtes Wetter veranlassten mich, auf der mit Plastiksesseln ausgestatteten Presseterrasse, das ein oder andere Bier zu mir zu nehmen. Nach Spielende schloss ich schnell meine Arbeiten ab und emotionalisiert von den einverleibten Getränken, welchen ich im Pressebereich erlegen bin, dachte ich mir: „Scheiß da nix Asterix, moch ma da Mama a Freude“. Ich begab mich also in den Innenraum und wartete ein paar Schritte von der Kabinentür entfernt auf IHN. Dann kam er endlich. Ich bin jetzt nicht der Allergrößte und am Platz wirkte er schon immer sehr groß, aber in Natura, direkt neben mir, war er doch eine Spur größer als. Ich konnte meinen müden Kopf jedoch gut an seiner Schulter ablegen! „Hi, kann ich bitte ein Bild mit dir machen? Meine Mutter ist ein Fan von dir und wenn ich dich sehe, soll ich liebe Grüße ausrichten“ – „Haha, ja klar, absolut kein Problem, sehr gerne“. Meine Mutter fand es lustig und hat sich darüber gefreut. Mir ist zudem kein Zacken aus der Krone gebrochen, trug ich doch eine Haube.
Bis heute ist es das einzige Bild, zumindest könnte ich mich an kein anderes erinnern, das ich jemals (Kindheit ausgenommen) mit einem Spieler gemeinsam gemacht habe. Ich mache eben lieber selbst die Bilder.
Ach, es gäbe noch so viele Geschichten zu erzählen, angefangen bei dem betrunkenen Sturmanhänger, der auf dem Aussichtsturm in St. Pankraz minutenlang „Tata Tata Tatatata“ mit voller Inbrunst zu der untenstehenden Ansammlung weiterer Auswärtsfahrer schrie und die holländische Familie hinter ihm keine Ahnung hatte, was jetzt gerade passiert. Das stets zu fotografierende „Klaus-Schild“ bis hin zum tanzenden, rumänischen LKW-Lenker. Am besten ist es, man macht sich selbst auf den Weg, um eine Auswärtsfahrt anzutreten und seine eigenen Geschichten zu erleben, denn: „Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen.“ Matthias Claudius
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