Auf den Spuren von – Rasmus Højlund

Zu Besuch bei Manchester United

Der dritte Besuch bei einem neuen/ehemaligen Arbeitgeber von Ex-Sturmspieler Rasmus Højlund in nur kurzer Zeit, aber wer sollte sich das verdienen wenn nicht er? Nach den zwei Europa League Begegnungen gegen Atalanta Bergamo ging es für den Autoren dieser Zeilen Mitte Dezember nach Manchester, um Sturms Rekordabgang im Heimspiel seines aktuellen Arbeitgebers Manchester United gegen AFC Bournemouth auf die Füße zu schauen. Ein Besuch an jenem Ort, an dem die Schwoazn im März 2001 (0:3-Niederlage) und November 1999 (1:2-Niederlage, Ivica Vastić, 81. Minute/Elfmeter) in der Champions League verloren.

Am 28.01.2022 gab Andreas Schicker die Verpflichtung des damals 18-jährigen Højlund vom FC Kopenhagen als Nachfolger für den damaligen Sturm-Rekordabgang Kelvin Yeboah bekannt. Vermutlich nicht wenigen in Österreich ein Begriff, sollte sich das relativ schnell ändern. 21 Spiele, zwölf Tore, vier Vorlagen und schon war die Zeit des dänischen Knipsers bei Sturm Graz leider wieder vorbei. Leider, weil es einerseits sportlich ein großer Verlust war, andererseits die Ablöse von 20 Millionen Euro (die drei Millionen Bonus sind hier schon mitberücksichtigt), die dem SK Sturm Einnahmen in einer Höhe bescherte, die in Österreich sonst nur der Red Bull-Konzern kannte. Am 05.08.2023 gab dann Manchester United die Verpflichtung des Ex-Blacky um kolportierte 74 Millionen Euro bekannt.

(c) sksturm.at

 
Manchester United müsste man eigentlich nicht großartig vorstellen. Trotzdem: 1878 als Newton Health L&YR Football Club gegründet, spielte der Verein in der Saison 1892/93 erstmal in der First Division der damals höchsten Liga des englischen Fußballs. 1902 folgte die Umbenennung in Manchester United Football Club, 1908 wurde der erste von insgesamt 20 Liga-Titeln (Rekord in England) gewonnen. 1910 erfolgte der Einzug ins Old Trafford, das damals Platz für rund 80.000 Zuschauer bot, knapp mehr als die heutigen offiziellen 75.454 Sitzplätze. Die schwärzeste Stunde erlebte Manchester United wohl 1958 als bei einem Flugzeugunfall am Rückflug nach der Europacup Partie gegen Roter Stern Belgrad unter anderem acht Stammspieler der Busby Babes verstarben. Da der Flieger auf einem Acker auf den Boden krachte, schimpften verfeindete Fans in den darauffolgenden Spielen im Stadion Manchester United „Manure“, das englische Wort für Dünger, das der Abkürzung ManU (gesprochen „Mänju“) sehr ähnelt. Aus diesem Grund ist das Kürzel ManU vor allem unter sehr eingeschworenen United-Fans bis heute verpöhnt. Eine Statue von Sir Matt Busby findest sich heute beim Stadion, der nach dem Flugzeugabsturz seine Karriere beenden wollte. Nur seine Frau Jean konnte den Schotten damals zum Weitermachen überreden, der sich damals schwere Vorwürfe machte und für den Unfall mitverantwortlich fühlte.
Nationale Titel, Debüts (unter anderem eines gewissen George Best) und der erste Europacup Gewinn eines englischen Teams 1968 sollten folgen. Am 4. Juni 1969 beendete Busby nach über 1100 Spielen seine fast 24 Jahre dauernde Karriere als Manager von Manchester United. Langfristiges Vertrauen in schottische Manager kann somit durchaus als DIE Erfolgsformel von United betrachtet werden, denn am 06.11.1986 wurde mit Alex Ferguson ein weiterer Schotte Manager bei den Red Devils. Die Erfolge, die United in der über 26-jährigen Amtszeit unter Sir Alex feierte, würde wohl mehrerer Artikel bedürfen und wurde in mehreren Büchern aufgeschrieben. Kurz gesagt hat der von der damaligen Queen zum Sir geschlagene Ritter den Verein geprägt wie kein anderer und zahlreiche Spieler zu regelrechten Fußballstars entwickelt. Ein Erfolg, der dennoch hervorgehoben werden sollte, erfolgte 2012/13, als Ferguson als bisher letzter Manager mit Manchester United einen Premier League-Titel gewinnen konnte. Da sie sich auch in der Champions League begegnet sind, darf man sich erlauben zu schreiben, dass Alex Ferguson für Manchester United wohl das ist, was Ivan Osim dem SK Sturm Graz bedeutet.
 
Rasmus Højlund ist aber der eigentliche Anlass für diesen Artikel und heute 20 Jahre alt. Der Stürmer, vormals beim SK Sturm Graz, landete also bei einem der größten Klubs der Welt als der siebent teuerste Transfer der Vereinsgeschichte. Sollte gegen AFC Bournemouth das erste Tor in der Premier League gelingen? Denn während er in der Champions League schon fünf mal für die Red Devils traf, wartete er in der vermeintlich stärksten Liga der Welt nach elf Einsätzen noch auf seinen ersten Treffer. 

Nach einer Stärkung mit traditionellem britischen Essen

Foto SturmNetz

ging es zum Theatre of Dreams, wobei das zuletzt wohl nur bedingt ein passender Name für die Heimstätte von United war.

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Vor dem Spiel gab es noch einen Abstecher in den Fanshop, der einem, wenn man vom Old Trafford selbst noch nicht beeindruckt ist, endgültig zeigt, dass man hier in einer anderen Fußballwelt angekommen ist. Separate Ein- und Ausgänge, Security Check vorm Fanshop und wenn man es rein geschafft hat und länger als eine Minute suchend um sich schaut kommt sofort ein Verkäufer zur Hilfe um in Sekundenschnelle zu finden, wonach man gesucht hat. An der Kasse ist die Schlange dann in etwa gleich lang wie vorm Eingang, aber bei 40 Kassen wartet man dann trotzdem nicht so lange wie an Matchtagen in Graz-Liebenau.

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Im Stadion dann noch schnell ein Pint vor dem Spiel konsumiert, denn Alkohol ist am Platz in England verboten. Das dürfte wohl auch der Hauptgrund für die merklich leereren Ränge zwischen Minute 35 und 60 in englischen Stadien sein. #BierPanik
Das sorgt auch für einen ganz klaren Punkt für Schwarz-weiß, denn wenn es jemals SK Carling Sturm Graz heißen sollte, dürfte es wohl einen Fan-Aufstand ob der Bier-Qualität geben. Der Sitzplatz im Stadion bietet eine gute Vogelperspektive, weiter unten oder gar direkt am Spielfeld wären die Preise wohl nur als echter United-Fan und nicht wegen Rasmus und dem Näherkommen an ‚The 92‘ zu rechtfertigen.

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Leider konnte man dann schon beim Aufwärmen erkennen, dass wohl Anthony Martial den Vorzug in der Startelf erhalten würde, was auch kurz darauf der Platzsprecher bestätigte. Im 4-2-3-1 von Erik ten Hag ist nur Platz für einen Mittelstürmer. Auch wenn Bournemouth schön langsam beginnt das Spielsystem von Andoni Iraola zu verinnerlichen bzw. dieser seine Spielweise auch etwas angepasst hat, erwartet der Großteil der 73427 Zuschauer wohl trotzdem einen klaren Heimsieg von Manchester United.

Nach nicht mal fünf Minuten erhielt diese Erwartungshaltung den ersten Dämpfer.  Scott McTominay, der an diesem Tag einen der beiden Sechser gab, hob 25 Meter vor dem Strafraum lieber den Fuß und wartete auf den Ball, statt ihm entgegen zu gehen. Der heranstürmende Lewis Cook  bedankte sich, brachte den Ball scharf und flach zur Mitte, wo Dominic Solanke an den Ball kam, Harry Maguire ein Gurkerl schob und dann vorbei an André Onana 1:0 für Bournemouth traf.

Der Himmel hatte es bereits geahnt – er weinte schon seit einiger Zeit – sogar für englische Verhältnisse sehr schlechtes Wetter. Die United-Fans, die um uns saßen, sahen das Gegentor dennoch nur als kurzen Rückschlag und rechneten trotzdem weiter mit einem Sieg Ihrer Mannschaft. United bestimmte mit 72% Ballbesitz das Spiel vergleichbar mit dem Stadtrivalen Manchester City, nur langsamer und ungefährlicher. Oft musste hinten herumgespielt werden, gab es dann doch mal ein wenig Platz, war in der Mitte niemand anspielbar, wodurch Solospitze Martial oft auf die Seite auswich. So kam es dann auch, dass die schnell und direkt spielenden Gäste von der Südwestküste Englands die gefährlichere Mannschaft blieben. Ein weiterer perfekt gespielter Konter endete in Minute 39 mit einem Stangenschuss durch Solanke.

In der zweiten Halbzeit, genau gesagt in der 56. Minute, war es dann endlich soweit für Rasmus Højlund. Der Däne kam für den enttäuschenden Martial ins Spiel und sah keine vier Minuten später Gelb für Schiedsrichter-Kritik. Danach war aber deutlich zu erkennen, dass Højlund das Spiel ganz anders interpretiert, immer wieder zu Sprints in die Tiefe ansetzt, die leider wenig bringen, wenn die Mitspieler das Kurzpassspiel bevorzugen und ihrem 74-Millionen-Mann den Ball nicht in die Tiefe spielen wollen.

Nach 66 Minuten folgte dann endlich so etwas wie Gefahr, aber Diogo Dalot knallte den Ball aus unmöglichen Winkel lieber ans Außennetz, als den Ball auf den besser postierten Højlund zu legen. Kurz darauf ging es wieder schnell, als Marcus Tavernier den Ball zur Mitte brachte, wo sich mit Luke Shaw und Sergio Reguilón zwar zwei United-Verteidiger befanden, aber aber nur Philip Billing springen wollte und per Kopf auf 2:0 für Bournemouth stellte. War das die Entscheidung?

Weitere fünf Minuten später: Ecke für Bournemouth. Harry Maguire wollte beweisen, dass auch er im Strafraum rumstehen und seinen Gegenspieler gewähren lassen konnte, Marcos Senesi sprang dankend hoch und sorgte mit dem Kopfball zum 3:0 für die endgültige Entscheidung. Am Spielstil Uniteds änderte sich nichts, das Highlight von United-Seite waren lautstarke Schreiduelle zwischen ein paar Fans, die die Leistung und die Situation bei United wohl unterschiedlich beurteilen. Es war dadurch schwierig, die Leistung vom Ex-Schwoazen Højlund zu beurteilen, denn mehr als ein geblockter Schuss war ihm nicht vergönnt. Ein Solostürmer hatte es an diesem Tag, mit diesem System und dem äußerst schwachen auftreten der gesamten Mannschaft auch wirklich schwer. Auch wenn man United nicht regelmäßig verfolgt, blieb der Eindruck: Wenn diese Truppe unter ten Hag immer so spielt, hinkt sie in der Tabelle nicht hinterher, sondern hat sogar mehr Punkte als erwartet. Wenn es bei Manchester United so weiter geht, wird ten Hag aber wohl ein weiterer Trainer für den die Fußstapfen von Sir Alex viel zu groß waren!

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Fazit: Ein Besuch im Mutterland des Fußballs, egal in welcher Liga, ist fast immer eine Reise wert. Das Old Trafford mit seiner Größe und seiner Geschichte bleibt trotz des mit Vorsicht zu genießenden Biers natürlich etwas Besonderes. Attraktiver Fußball wird dort derzeit aber augenscheinlich keiner gespielt. Wäre es zu einem Interview mit Rasmus Højlund gekommen hätte man sich die Frage, ob er denn die Zuspiele seiner Mitspieler in Graz vermisst, nicht verkneifen können. Wie lange Erik ten Hag so in Manchester noch weiterspielen lassen darf, bleibt abzuwarten. Was man bei der Bewertung von Rasmus Højlund wiederum nicht vergessen darf, ist, dass dieser immer noch nur 20 Jahre jung ist, daher seinen Weg unabhängig von Team und Trainer machen dürfte und sich auch in der Premier League durchsetzen wird.

Während die Blackys Ihre Akkus aufladen dürfen und sich dann auf den Frühjahrsauftakt im Februar vorbereiten werden, geht es in England in den nächsten Wochen so richtig rund. Schließlich folgt schon bald der traditionelle Boxing Day! Wer dem Kick auf der Insel folgt, kommt somit auch während Weihnachten zu seiner gesunden Dosis Football. In diesem Sinne schon mal ‚Merry Christmas‘ und besinnliche Feiertage!

1 Kommentar

  1. Fanatiker sagt:

    Rasmus Höjlund trifft für Manchester United „erstmals“ in der Premier League – gratulation.

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