Alles anders
Sturm lässt Punkte zum Frühjahrsauftakt liegen. Die Schwoazen kommen in weiterer Folge nicht so recht in Fahrt, das nötige Glück fehlt zudem in entscheidenden Szenen. Man ist plötzlich auf Rang fünf in der Tabelle abgerutscht, der Anschluss an die Top-Teams der Liga ist weg. Es wäre dies ein durchaus mögliches Szenario, das dem Sturm-Fan ohnehin alles andere als fremd erscheint. Mit einem Unterschied: Die Blackys lägen dennoch, das kann man wohl bereits zu diesem Zeitpunkt behaupten, weit über dem Soll – und die Fans wissen das. Ohnehin wird dieses Szenario nicht eintreffen. Denn heuer ist alles anders.
Was als langwierige Aufbau- und mühsame Durchhalteperiode erwartet wurde, avancierte rasch zu einer derart erfreulichen Hinrunde, dass es schwerfällt, diese einzuordnen. Starke Phasen gab es in Graz seit dem Konkurs schließlich immer wieder, die einen träumen ließen, was denn alles möglich sei. Am Ende bedeutete dies in der Regel Rang vier und ein frühes Ausscheiden auf internationalem Parkett. „Heuer ist alles anders“ bewahrheitete sich nie. Und so lassen sich die vergangenen 15 Jahre dann traurigerweise auch schon zusammenfassen, die eine oder andere Ausnahme natürlich inklusive.
Doch heuer ist wirklich alles anders. Vielleicht halt. Hoffentlich zumindest. Aktuell spricht vieles dafür, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde. Aber das tat es auch schon vorher. Man erinnere sich an die filmreif inszenierte Verkündung der Vertragsverlängerung des Dario Maresic. Sturm hat gerade das Cupfinale gewonnen, die übermächtigen Bullen niedergerungen. Vizemeister wurde man obendrauf. Ab jetzt läuft vieles anders – es gab gar keine Möglichkeit, nicht daran zu glauben. Mit Günter Kreissl an Bord kann es nur weiter bergauf gehen. Doch wer hätte sich im Mai 2018 auch nur im Ansatz ausgemalt, wie Sturm im Mai 2020 aussehen würde?
Rasch stellt sich daher auch die Frage, ob man als geschundener Sturm-Fan derzeit nicht einfach abermals naiv ist. Nach den Seuchen-Saisonen, mit die unwürdigsten der Sturm-Geschichte (vermutlich), ist man freilich leicht zu begeistern. Zudem klingen die ausgegebenen Ziele und Konzepte einfach wie Balsam für die ramponierte Seele. Aber das taten sie auch schon vorher. Doch heuer ist alles anders. Kleinigkeiten zeigen das. Die oftmals zu Unrecht, aber stets vielgescholtenen Stürmer konnten sich tatsächlich noch aus der Versenkung schießen und wussten durchaus noch zu beeindrucken. Ähnlich imposant verhält es sich mit dem Teamspirit, vor allem in weniger guten Partien. Man agiert als starkes Kollektiv und gewinnt dann einfach. Nie musste man sich in dieser Saison tagelang über die eine vergebene Chance, über den einen ungerechten Pfiff oder den einen Sonntagsschuss des Gegners ärgern. So weit kam es zuletzt gar nie. Das kennt man ganz anders, waren es doch immer nur diese verflixten Kleinigkeiten, wegen derer man nicht ganz oben stand, wegen derer man international nicht zu überzeugen vermochte. Alles kam immer zum falschen Zeitpunkt – viel fehlte eh nie. Doch heuer ist alles anders. Zumindest fühlt es sich so an. Denn alle Akteure sind für den Verein derzeit ein Segen. Alle Charaktere tun Sturm so richtig gut und scheinen geradezu perfekt auf ihren jeweiligen Posten zu sein. Wie eben im Mai 2018.
Man sollte die Problematiken im Sturm nicht verharmlosen. Wären alle Akteure für den Verein ein Segen hätte man schon was von Gesprächen zur Vertragsverlängerung von z.B. Balaj gehört. Balaj ist ein Guter aber passt einfach nicht zu uns. Ist halt so. Friesenbichler ackert wie ein Gaul aber ähnlich wie bei Huspek reicht es nicht für die Start 11 (mMn). Die Tatsache des Stürmers Jantscher zeigt doch die Probleme auf.
Ein realistisches Ziel im 3-Jahres Plan wäre wohl die Gruppenphase der Conference Leauge. Dort könnte man Erfahrungen sammeln ohne abgeschlachtet zu werden. Für Österreich reicht es aber fürs internationale Geschäft brauchen wir vorne mehr Wumms.
Die Faszination „Sport“ lebt letztendlich von der, doch zum großen Teil Unplanbarkeit. Siege am Reißbrett lassen sich nur schwer bis nie verwirklichen. Es sind eben oft gerade diese Kleinigkeiten, die ein Pendel in die eine oder andere Richtung ausschlagen lässt. Rudi Nierlich mit seinem „wenn’s laft, dann laft’s“ traf wohl den Nagel auf den Kopf und erübrigt jeglichen Versuch einer wissenschaftlichen Erklärung.
Das, was man sehr wohl machen muss, ist die Voraussetzungen zu schaffen. Sprich, die Grundvoraussetzungen für Erfolge zu erarbeiten. Dann darf gehofft werden in diesen berühmten „flow“ zu kommen, wo Glück und Können eine geniale Partnerschaft eingehen. Warum sollte dies nicht auch im Frühjahr gelingen?
Mit Oscar Opazo werden wir Meister!